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BildschneeDa, eine La ola!

■ Lillehammer im Fernsehen (Teil 7)

Im Deutschen Journalistenlager zu Lillehammer herrscht tiefe Verschneitheit: Kein Haar in der Suppe läßt sich ausmachen, kein Skandal kann aufgetan werden. Selbst dem amerikanischen Skiläufer, der sich das Bein brach, geschah dieses Mißgeschick nicht im Zweikampf mit Walfängern, sondern in der Fußgängerzone Lillehammers.

Auch der Sportspiegel-Bericht vor einigen Wochen, der die olympischen Organisatoren der ökologischen Heuchelei bezichtigte, fruchtete nichts. Wenn schon Olympia, dann nach Art des sozialdemokratischen Landes Norwegen: feierlich, aber nicht zu sehr; golden, doch nicht zu glänzend, freudig, aber nicht nur die eigenen Landsleute bedenkend; die eigentlichen Sieger der Spiele, stellt der Spiegel treffend fest, seien die Sportfans, die säuberlich zwischen Kommerz und Sport zu unterscheiden wüßten.

Und was machen unsere TV- Stationen daraus? Beglückwünschen sie das mild-euphorisierte Volk von Norwegen dazu, endlich „Stuttgart“ als „tollstes Publikum der Welt“ abgelöst zu haben? Mitnichten. Man spricht nicht darüber. Nur gelegentlich mäkelt's den Herren wie Rubenbauer aus heiserer Kehle: „Da, eine La ola.“ Nur eine? Es muß für deutsche Reporter unfaßbar sein festzustellen, daß Olympia einfach so funktioniert: High- Tech plus Naturbegeisterung plus Folklore plus Sport minus einige Bäume.

Inzwischen wird sinnlich erfahrbar, warum das IOC, um Selbstlegitimation bemüht, die Sommerspiele des Jahres 2000 nicht nach Berlin vergab: Mit Geld und guten Anzügen scheint sich nicht alles regeln zu lassen. Selbstkritik gefällig? Hintergrundgespräche, flagrante, womöglich unverschämte Interviews mit den Würden- und Bedenkenträgern wie NOK- Chef Walter Tröger oder IOC- Kader Thomas Bach, ein paar Worte der Häme über Berlins Bürgermeister Eberhard Diepgen? Nicht bei ARD und ZDF. Bei denen saßen die (gescheiterten) Berlin-Bewerber allzeit in der ersten Reihe. Jan Feddersen

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