: Sterben Maler aus?
■ StipendienkandidatInnen stellen aus
Die Bewerbungen um das Hamburg-Stipendium werden immer schöner: Am Wochenende hatten 32 KandidatInnen Arbeiten zu einer ansehnlichen Ausstellung in Halle K 3 auf Kampnagel aufgebaut. Diesmal fielen neben der für das Hamburg-Stipendium bekannten, obligatorischen Schwäche der Malerei zwei neuere Trends auf: Kitschkunst wie die Laubsägearbeiten von Wolf von Waldow und gleich mehrfach die Rezeption der Technikgeschichte des 19. Jahrhunderts. Stephan Craig zeigte einen seiner Apparate ähnlich der Installation in der BBK-Austellungsreihe, Jörn Zehe eine Wahrnehmungsmaschine mit Faseroptik und Matthias Bertold ein raumfüllendes Zoetrop, ein museumsreifes, aber eben deshalb reichlich deplaziertes Modell eines der Vorläufergeräte des Kinos, Jörn Zehe einen Decodierungsversuch mit rotierender Scheibe und Faseroptik und Jörn Staiger eine computergestützte Videomanipulation.
Es ist erstaunlich, wie regelmäßig sich bereits bekannte Trends bis nach Hamburg durchsetzen. Dies ist weniger ein Zeichen der Markt-orientiertheit der KünstlerInnen, sondern spiegelt den Vorstellungsstand der Auswahljury. Denn in der großen Zahl der hiesigen Künstlerschaft sind wohl immer alle Stile und Varianten gleichzeitig zu finden. Für den Kenner der Szene war in der Vorauswahl bereits die Hand der Galeristen aus der Jury erkennbar. So werden Michael Dörners Materialbilder aus Terazzo-Stücken von Vera Munro vertreten, der Amerikaner Todd D. Stevenson mit seiner bleigefassten Kitschgalerie deutscher Köpfe und Zvika Kantor mit seinen Plastik-Allegorien von Cato Jans. Dem Kunstkritiker am liebsten ist die sorgsam durchkalkulierte Arbeit von Ralf Peters „64 Modelle“, ein Ideenspeicher für ebensoviele Ausstellungsinstallationen samt Modellen, Zeichnungen und präzisen Marketingkonzepten. Positiv verwirrend auch Sabine Kramers durchbrochene Metallobjekte und Modelle, die Innen und Außen, Einblick und Ausblick, Heimat und Fremde in Beziehung setzen. Am wenigsten gefielen die Kritzeleien von Gunter Reski, auch wenn einzelne Blätter den lapidaren Bildwitz in der Machart von Bernhard Johannes Blume verströmen und Holger Mohaupts Installation „Die Kuh im Fluß“ mit Fernseher kopfüber über Wassereimer aufgehängt. Den Preis für den besten Partygag könnten Anette Wehrmanns Fotos ihrer Sprengversuche in den Blumenkübeln der Stadtmöblierung gewinnen. Welche zehn glücklichen Kunstproduzenten auf ein Jahr bezahlte Grundausgaben genießen dürfen, werden wir dann ordnungsgemäß überrascht zur Kenntnis geben. wisch
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