: Jede vierte Einbürgerung findet in Berlin statt
■ Ausländerbericht des Senats ist fertig / Ausländer in der Schule immer besser
Berlin hat bei der Integration seiner 406.000 Ausländer die Nase vorn. Dies ist das Ergebnis des Ausländerberichts, der gestern für den Senat von Ingrid Stahmer (SPD) und der Ausländerbeauftragten Barbara John (CDU) vorgestellt wurde. Am deutlichsten wird Berlins Vorreiterrolle an der Zahl der Einbürgerungen: Von 35.000 bis 40.000 Menschen, die im vergangenen Jahr die bundesdeutsche Staatsbürgerschaft erhalten haben, sei mindestens jeder vierte in Berlin eingebürgert worden, sagte John.
Gute Nachrichten gibt es auch im Bildungsbereich. Nichtdeutsche Kinder und Jugendliche sind in der Schule immer besser. Schafften im Jahr 1980 von hundert ausländischen Schülern nur sechs das Abitur, so waren es vor vier Jahren bereits zwölf. Bei deutschen Berlinern ist der Anteil aber immer noch viermal so hoch. Auch in den Haupt- und Realschulen gibt es leichte Erfolge. Ebenfalls sehen lassen kann sich Berlins Statistik bei fremdenfeindlichen Straftaten. Im Vergleich mit den anderen Bundesländern lag Berlin im Jahr 1992 auf Platz 12. Auf 100.000 Einwohner kamen „nur“ 5,7 rassistische Straftaten. In Brandenburg (Platz 1) mit 14,4 fast das Dreifache. 1992 gab es in Berlin 197 ausländerfeindliche Gewalttaten.
Deutliche Schwächen erkannten Stahmer und John auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Jeder fünfte erwerbsfähige Nichtdeutsche hat keinen Job. Mit den 30.000 ausländischen Berlinern ohne Arbeit sei ihr Anteil doppelt so hoch als unter den deutschen Berlinern. Der Arbeitslosenquote von etwa 20 Prozent folgen ein überproportionaler Bezug von Sozialhilfe und eine unterdurchschnittliche Ausstattung der Wohnungen. Drei Viertel der deutschen Berliner haben eine Wohnung mit Bad und Zentralheizung, von den ausländischen Mitbürgern aber nur jeder zweite.
John betonte gestern, daß Berlin die Stadt in der Bundesrepublik ist, die den höchsten Anteil von Mitbürgern aus Nicht-EG-Staaten hat. Die größte Gruppe stellen die Türken mit 138.000. Aus dem ehemaligen Jugoslawien sollen rund 50.000 Menschen, aus Polen mehr als 28.000 in Berlin wohnen. Nur etwa jeder zehnte Ausländer hat einen Paß der Europäischen Gemeinschaft. Weil aufgrund der geographisch exponierten Lage in Mittel- und Westeuropa Berlin dem zunehmenden Wanderungsdruck aus Osteuropa am stärksten ausgesetzt sei, forderte Stahmer, daß hier für die gesamte Bundesrepublik exemplarische Lösungen für die Integration von Ausländern in Angriff genommen werden müssen.
Stahmer will daran festhalten, daß bei der Ausbildungsförderung die benachteiligten Ausländer besonders berücksichtigt werden. John forderte, daß „Integrationshemmnisse“ abgebaut werden. Dazu gehört der erschwerte Nachzug von Ehegatten oder ein kompliziertes Aufenthaltsrecht für alleinstehende Frauen. John sprach sich erneut für die doppelte Staatsbürgerschaft aus. Dirk Wildt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen