piwik no script img

"Meine kleine Purzeline..."

■ Ruhe in Ruhe: Auf Deutschlands größtem Tierfriedhof in Lankwitz liegen 3.000 Hunde und Katzen begraben / der Abschied von den treuen Seelen erfolgt ohne Schnickschnack

Alles geht sehr schnell. Decke um den Verblichenen, rein in die Grube und Erde drüber. Fertig. So will es die Friedhofsordnung. Alles andere wäre pietätlos. Auch wenn es die Angehörigen noch so gerne hätten – Ansprachen, Orgelmusik oder sonstige Betroffenheitsriten haben auf dem größten Tierfriedhof Deutschlands nichts verloren. Da ist Carola Ruff eisern. „Christliche Symbole sind verboten. Wir wollen nicht blasphemisch sein“, sagt die Sprecherin des neben dem Totenacker gelegenen Tierheims Berlin-Lankwitz – im Gegensatz zum Hamburger Pendant. Dort kümmert sich ein Hundepriester bei der Beerdigung um entsprechende Stimmung. Doch „das ist Geldschneiderei“, sagt Frau Ruff.

Geschenkt bekommt man eines der 3.000 Gräber auf dem Berliner Tierfriedhof trotzdem nicht. 375 Mark muß blechen, wer zwei Jahre lang seinen Liebling in einem sicheren Erd-Etui unterbringen möchte, statt die sterblichen Überreste Seifenfabrikanten oder Industriefettmischern zu überlassen. Denen, die die Tiere auskochen, daß es nur so stinkt, wie Tierheimsprecherin Ruff weiß. Niemals! Dann doch lieber nach 730 Tagen 145 Mark pro Jahr bezahlen, damit Pfiffi in Ruhe ruht. Grabbesetzungen gibt es in Lankwitz nicht. Nur wer zahlt, darf seit 1951 ruhen lassen. Übergrößen kosten extra.

„Das sind ganz normale Menschen“, sagt Frau Ruff. Den Grabeignern könne nicht Schrulligkeit nachgesagt werden. Hunde und Katzen seien oftmals der wichtigste Bezugspunkt in deren Leben, ersetzen über lange Jahre hinweg Frau, Mann oder Kind. Da sei es doch nur verständlich, daß sie den Vierbeinern auch nach deren Tod noch verbunden seien.

„Mauserchen“, „Amorchen“ oder „Kurtchen“, ganz egal, ein „chen“ am Ende des Namens in den Stein gemeißelt, macht im nachhinein sogar aus Kläffern und Kratzbürsten herzensgute Kuscheltiere. Selbst einen König degradieren Herrchen und Frauchen da schon mal zu einem „Majestätchen“. Klare Aussagen, wem das Tierchen zuzuordnen ist, müssen auch sein, in Goldlettern, versteht sich, auf Marmor oder Granit. Schließlich ist es ein großer Unterschied, ob es „Meine kleine Purzeline“ oder „Unser Elfichen“ ist, die da idyllisch zwischen Linden und Birken einen Meter unter der Erde liegen.

Es gibt aber auch den Typ Pragmatiker. Weit entfernt ist er davon, die Grabesstatt mit rosa Marmor auszulegen, den Sand herum im rechten Winkel zu durchpflügen oder auf „Püppi-Souzis“ Grabstein ein Herz zu meißeln oder „Puppe- Trixi“ zu einem Engel zu erheben. Sein Schäferhund heißt einfach „Rex“, und ist ein „Treuer Kamerad“. Basta. Seinen Dackel nennt er „Waldi“; über drei Hundegenerationen hinweg, wenn's sein muß.

Rund 5.000 Hunde und Katzen sind seit 1951 neben dem Tierheim Lankwitz vergraben worden. Nicht nur aus Gefühlsduselei oder einer Verordnung wegen, daß Tiere nicht einfach im Park verscharrt werden dürfen, sondern auch aus einem ganz anderen Grund. Denn „wenn der erste Schmerz der Leute vorüber ist und sie nebenan das Bellen hören, kommen sie manchmal, um sich ein neues Tier zu holen“, sagt Frau Ruff. Markus Klemm/dpa

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen