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Ein erster Schritt zum Frieden

■ Zusammenschluß der kroatischen und bosnischen Gebiete in einer Föderation besiegelt

Washington/Genf (taz/AFP) – Nachkriegsbosnien hat seine ersten Konturen erhalten: Nach viertägigen Verhandlungen gelang es dem bosnischen Ministerpräsidenten Haris Silajdžić und dem Chef der bosnischen Kroaten, Kresimir Zubać, unter Vermittlung der US-Regierung ein Abkommen für eine kroatisch-bosnische Föderation in Bosnien zu unterzeichnen. Der seit fast einem Jahr dauernde Krieg der bosnischen Regierungsarmee und der kraotischen HVO in Zentralbosnien scheint damit zu Ende zu gehen. Schon am Mittwoch konnte die UNO eine „deutliche Abnahme“ beziehungsweise ein „vollständiges Erliegen“ der Kämpfe vermelden.

Die überwiegend muslimisch und kroatisch bewohnten Gebiete des Landes – inoffiziell wird von 51 Prozent gesprochen – sollen in autonome Kantone, in denen entweder die Kroaten oder die Muslime die Mehrheit haben, aufgeteilt werden. In der zukünftigen Föderation soll es eine gemeinsame Zentralregierung, ein Zweikammerparlament und einen Staatspräsidenten geben. Unterzeichnet wurde in Washington außerdem ein Abkommen zwischen Vertretern beider Regierungen, das eine Konföderation zwischen der zukünftigen Föderation und Kroatien vorsieht.

Nach Unterzeichnung des Abkommens lobten Beteiligte und Unbeteiligte sich gegenseitig. Von einer „sehr positiven Initiative“ sprach UN-Generalsekretär Butros Ghali. Die Vermittler von EU und UNO, Thorvald Stoltenberg und Lord Owen, dankten der US-Regierung für die Förderung der bosnisch-kroatischen Wiederannäherung. US-Außenminister Warren Christopher wiederum würdigte die Rolle der EU und Rußlands. Der kroatische Präsident Tudjman bezeichnete das Abkommen als Erfolg der „europäischen, globalen und kroatischen Politik“.

Selbst Rußlands Jugoslawien-Vermittler Witali Tschurkin konnte da nicht zurückstehen: Er sprach von einer „neuen Wendung der Verhandlungen“, unter „günstigen Umständen“ könne das Dokument eine „positive Rolle bei der endgültigen politischen Lösung des Bosnienkonflikts“ spielen. Und während Tschurkin in einer ersten Reaktion noch kritisiert hatte, daß die bosnischen Serben an den Washingtoner Verhandlungen nicht beteiligt worden seien, vertrat er wenig später die Ansicht, daß durch das Abkommen die Interessen der bosnischen Serben nicht beeinträchtigt werden könnten.

Und auch Serbenführer Karadžić, seit Montag zu Gesprächen in Moskau, blieb somit nur der Sprung nach vorne: Die bosnischen Serben seien prinzipiell bereit, sich einer kraotisch-muslimischen Föderation anzuschließen. Allerdings müßte diese, so Karadžić einschränkend, im Interesse der Serben sein.

Auf die serbisch-bosnischen Fronten in Bosnien hatte die Stellungnahme Karadžićs freilich keine Auswirkungen. Serbische Truppen verstärkten ihre Angriffe auf die von der bosnischen Armee gehaltenen Gebiete in Nordbosnien. Selbst das Gebiet um die von Serben eroberte Stadt Zvornik in Ostbosnien, wo es monatelang weitgehend ruhig gewesen ist, sei unter massives Artilleriefeuer genommen worden. Seiten 9 und 10

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