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Neuer Ankläger gesucht

■ Sicherheitsrat sucht Chef für Tribunal über Kriegsverbrechen auf dem Balkan

Genf/Den Haag (taz) – Bei seiner erneuten Suche nach einem Ankläger für das Tribunal über Kriegsverbrechen in Ex-Jugoslawien diskutiert der UNO-Sicherheitsrat nach Informationen der taz derzeit drei Namen: Cunha Rodriguez, Generalstaatsanwalt Portugals, Stefan Trechsel, Schweizer Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, und Bangt Broms, finnischer Jurist und Mitglied der UN- Kommission für die Kompensationszahlungen an Opfer der irakischen Invasion in Kuwait.

Die Suche nach einem neuen Ankläger wurde notwendig, weil der im November für den Posten bestimmte venezolanische Generalstaatsanwalt Ramon Escovar Salam im Februar wieder zurückgetreten war. Er wird nun in seiner Heimat Innenminister werden. Derzeit führt der stellvertretende Ankläger, der Australier Graham Blewitt, die Geschäfte. Die Arbeitsbedingungen sind nach wie vor völlig unzureichend: Von den 33 Millionen Dollar, die der Sicherheitsrat für das im November 1993 angelaufene erste Haushaltsjahr beschlossen hatte, stehen nur 5,6 Millionen zur Verfügung.

Sicherheitsrat und Vollversammlung streiten sich, wer die restlichen Gelder aufzubringen hat. Von den vorgesehenen 330 MitarbeiterInnen des Tribunals konnten daher bislang erst 40 juristische Fachkräfte und sieben Sekretärinnen eingestellt werden. Offen ist bislang auch, ob das Tribunal überhaupt gerichtsverwertbare Zeugenaussagen und Beweise von der Genfer Völkerrechtskommission erhält, deren Mandat Ende April ausläuft. Seit Ende November 1992 sammelt die Kommission Material über Kriegsverbrechen in Ex-Jugoslawien. Es erscheint somit höchst unwahrscheinlich, daß tatsächlich „spätestens Ende Juli“ die ersten Prozesse beginnen werden, wie der Vorsitzende Richter Antonio Cassese vor zwei Wochen angekündigt hatte. azu

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