: Sprache der Farben
■ Freies Malen für Flüchtlingsfrauen
Schari ist die stereotypen Fragen nach ihrem Schicksal als Flüchtlingsfrau schon lange leid. Die Iranerin weiß, daß sie dieser Rolle als Befragte nur schwer ausweichen kann. Gerade deshalb ist ihr das Projekt „Freies, begleitetes Malen“ so wichtig. Einmal pro Woche trifft sich Schari mit sechs anderen Flüchtlingsfrauen in einem Atelier an der Lister Meile. Zwei Stunden lang kann sie unbekümmert mit Farben spielen, Bilder entstehen und sie auch wieder verändern. Zwei Stunden, in denen sich auch Afsaneh „frei“ fühlt. „Hier zählen nicht unsere Herkunftssprachen sondern die Farben. Ich muß mich niemandem gegenüber erklären“, schildert sie. Die Erfahrung, eigene Gedanken, Gefühle und Probleme auch bildhaft ausdrücken zu können, habe ihr neues Selbstbewußtsein gegeben. Farben, Symbole: Für Nahid bedeutet dies, mit ihrer Geschichte und der Heimat, in die sie nie wieder zurückkehren kann, in Verbindung zu treten. Darin liegt für Projektleiterin Petra Badjak-Kübler das Besondere dieses Angebotes gegenüber sprachtherapeutischen Projekten. Sie greife in diesen Dialog nur selten ein. Sie vertraue auf die Macht der Bilder. So habe eine Iranerin zu Beginn des Kurses einen Baum ohne Wurzeln, dann Luftwurzeln und erst viel später Wurzeln im Boden gemalt. Für Petra Badjak-Kübler ein typisches Symbol für die Entwurzelung durch Flucht.
In der Gruppe bleibt diese Position nicht unwidersprochen. Schari freut sich zwar über die Chance, daß sich Flüchtlingsfrauen kreativ ausdrücken können. Sie wehrt sich aber dagegen, daß jegliches Tun von ihnen nur mit ihrer Fluchtgeschichte in Verbindung gebracht wird. Afsaneh wünscht sich eine Öffnung des Projektes für Frauen unterschiedlicher kultureller Herkunft. „In der Sprache der Farben können wir uns über gemeinsame und unterschiedliche Erfahrungen von Unterdrückung näherkommen und sie produktiv nutzen.“ Die Fortsetzung des Angebotes ist nach Angaben des Projektträgers, der Initiative für ein internationales Kulturzentrum (IIK) für 1994 gesichert. Geplant ist außerdem ein Malkurs für Flüchtlingskinder. Nada Nangia
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