■ Standbild: Hilfe für Gemüse-Burger
„Gefragt: Dr. Helmut Kohl“, Donnerstag, 22.15 Uhr, RTL
Sie meinen, Feinwaschmittel sei gleich Feinwaschmittel? Nein! Anders als herkömmliche Feinwaschmittel..., hey, das ist wohl nicht der Teil von „Gefragt: Dr. Helmut Kohl“, den ich rezensieren soll. Denn zwischen den Werbespots, die die RTL-Show interpunktierten, verbarg sich eine Diskussion mit dem Bundeskanzler. Moderiert von Hans Meiser mit seinen ewigen Karteikarten befragten deutsche Bürger Helmut Kohl – aber bitte zackig!
Meiser, der sich durch die Sendung schnodderte wie sonst durch seine Nachmittags-Freakshow, mußte dauernd „Gas geben“. Denn die fragefreudigen Fernsehbürger haben es offenbar auch nach zehn Jahren Kommerzfernsehen noch immer nicht gelernt, sich Talkshow-kompatibel auszudrücken. Der Moderator mußte drängen: „Bitte fassen Sie sich kurz.“ – „Stellen Sie keine Nachfragen.“ – „Nach der Werbung geht es weiter.“
Apropos Werbung: Es muß die Idee von Kohls neuem Medienberater, Ex-Bild-Chef und -Regierungssprecher Peter Boenisch gewesen sein, sich in diesem Format zu präsentieren. Denn mit Sympathieträgern wie dem Melitta-Mann Egon Wallenbrink und Ronald McDonald war Kohl in bester Gesellschaft und konnte nebenbei noch schnell einige Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit geben: Arbeitslosigkeit, Staatsverschuldung, und (ja!) die Schweinepest in Schlewsig-Holstein. Im Schweinsgalopp hetzt auch Meiser durch die Themen und zeigt zwischendrin noch schnell einige aufschlußreiche Info-Grafiken. Was bleibt von diesem Infotainment-Amoklauf hängen?
Wir haben sechs Millionen Arbeitslose. Mit Genuß abnehmen können auch Sie. In Thüringen sind seit der Wende 70 Prozent aller Industriearbeitsplätze verlorengegangen. Bei McDonalds sind China-Wochen. Der Kanzler ist für mehr Teilzeitarbeit, „da können wir uns ein Beispiel an unseren holländischen Nachbarn nehmen“. Imodium Akut stoppt den Durchfall schon mit der ersten Kapsel. Unter Kohl ist ein Drittel aller deutschen Autobahnen neu gemacht worden, und endlich gibt es Bambi auf Kaufvideo.
Da bleibt einem nur noch eine Wahl: Iglos neue Gemüse-Burger! Danke RTL! Im Super- Wahljahr war das eine echte Entscheidungshilfe für alle Gemüse- Bürger. Tilman Baumgärtel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
