: Wackliges Bauvorhaben?
■ Ungezügelte Bauwut in Ottensen: Hier Baubeginn bei Nacht und Nebel, dort Treppenhausfenster zugemauert Von Kai von Appen
Wohnungsbau, Instandsetzung – eigentlich lobenswerte Vorhaben. Doch in Altona gehen mache Hausbesitzer immer rücksichtsloser vor: In Bahrenfeld wird womöglich der Einsturz eines Hauses in Kauf genommen, um im Garten Eigentumswohnungen zu errichten, in Ottensen müssen Mieterinnen auf Klos verzichten.
Die MieterInnen der Bahrenfelder Chaussee 24/26 glaubten an Halluzinationen, als sie am Donnerstagabend nach der Arbeit einen Blick in ihren Garten warfen. Alle Bäume und Sträucher waren herausgerissen worden, an der Vorderfront hatten Bauarbeiten für eine Auffahrt begonnen. „Wir hatten vorher keinerlei Nachricht bekommen, das sieht ganz nach einer Nacht- und Nebelaktion aus“, so eine Bewohnerin.
Die Befürchtungen könnten nicht unbegründet sein. Auf taz-Anfrage war die Bauabteilung des Bezirksamts-Altona bislang nicht in der Lage herauszufinden, ob überhaupt eine Baugenehmigung erteilt worden ist. GAL-Bauexperte Olaf Wuttke bezweifelt dies: "Mir ist nicht bekannt, daß eine Genehimgung erteilt worden ist. Durch den Bauausschuß ist sie auf jeden Fall nicht gegangen.“ Laut Wuttke hätte der Baubeginn auf jeden Fall Bewohnern und Bezirksamt mitgeteilt werden müssen.
Dabei dauert der Streit um die Hof-Bebauung bereits fast zwei Jahre. Damals kam die Firma Parkhof auf die Idee, auf ihrem großen Gartengrundstück 16 Eigentumswohnungen zu errichten. Um den Baufahrzeugen jedoch überhaupt einen Zugang zu dem Gelände zu verschaffen, müßten in dem Fronthaus ein Ex-Laden und eine Wohnung zum Torweg durchbrochen werden. Dafür wurde eine Mieterin mit 40.000 Mark bereits herausgekauft.
Die Firma Parkhof, die zum 1. Januar 1994 das Areal an die Firma Gebrüder Faltin verkauft hat, erhielt damals vom Bezirksamt grünes Licht für das Bauvorhaben. Über den Bauausschuß versuchte die GAL, durch strenge Auflagen (z. B. Feuerwehrzufahrt und mehr Parkraum in der Tiefgarage) die Notbremse zu ziehen. Vergebens, wie der Baubeginn nunmehr zeigt. Die BewohnerInnen befürchten nun, daß das 1908 auf feuchtem Grund ohne Keller und Fundament gebaute Haus dem Durchbruch nicht standhalten wird. „Das sieht alles nach kaltem Abriß aus. Irgendwann fährt dann versehentlich ein Bagger gegen die Hausmauer und schon stimmt die Statik nicht mehr“, so eine Mieterin. Wuttke dazu: „Die Befürchtung teile ich auch. Da ist damals vieles schief und krumm gelaufen.“ Denn um die erforderliche Feuerwehrzufahrt (Höhe 3,50 Meter) zu schaffen, müßte tief gebuddelt werden. Und wenn das Haus dann zusammenklappt, könnte an dieser Stelle ein Neubau mit wesentlich mehr Geschossen errichtet werden.
Von regelrechter Bauwut ist auch der Klempnermeister Peter Faber gepackt, der am 1. Januar die Terrassenhäuser an der Holstentwiete 6 übernommen hat. Er begann sogleich in einer freigewordenen Wohnung sämtliche Einrichtungen nebst Türen herauszureißen. Ein Stockwerk tiefer wurden die Außenklos herausgerissen und den zum Teil gehbehinderten Mietern mitgeteilt, sie könnten ja die Klos der Nachbarn in Untergeschoß mitbenutzen. Dann wurde das Treppenhausfenster zugemauert und das Treppenhaus verkleinert, um Raum für neue Toiletten und Duschen zu schaffen. „Der eine Mieter war zwei Wochen ohne Klo“, so ein Bewohner.
Die Bauprüfabteilung hat diese Baustelle mittlerweile stillgelegt und weitere Bauvorhaben untersagt. Und die MieterInnen bekamen allesamt eine Mieterhöhung von rund 20 Prozent.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen