Die meisten kommen wieder...

■ ...und wollen bald was Größeres: Auch Frauen sorgen für Hochkonjunktur in den Hamburger Tätowierstuben

Ganz ohne Schmerz geht es auch heute nicht, aber das schreckt offenbar keinen Kunden der „Ältesten Tätowierstube Deutschlands“: Das Geschäft mit dem Körperschmuck für die Ewigkeit boomt wie selten zuvor. Günter Götz, Besitzer des traditionsreichen Ladens im Hamburger Stadtteil St. Pauli, hat einen vollen Terminkalender, seitdem auch Frauen die lebenslangen Verzierungen für sich entdeckt haben. Inzwischen ist die Zahl seiner weiblichen Kunden sogar größer als die der männlichen „Tattoo-Liebhaber“, sagt Götz.

Ein kleiner Stern oder eine Blume auf dem Schulterblatt macht oft den Anfang, aber dabei bleibt es selten. „Die meisten Kunden kommen bald wieder und wollen dann etwas Größeres“, weiß Götz. Denn: „Eine kleine Tätowierung auf dem Rücken ist wie eine Briefmarke an einer nackten, weißen Wand.“

Vor elf Jahren übernahm der 40jährige den 1947 gegründeten Salon im Herzen St. Paulis von seinem Onkel. Dort hatte er zuvor Urlaubsvertretungen gemacht und „da hat sich das eben so ergeben“ beschreibt er seinen Wechsel vom Büro in die Tätowierstube. Zeichnen allein genüge nicht, um zu tätowieren, betont er. Es komme vor allem auf eine ruhige Hand an.

Sein Broterwerb hat eine lange Tradition. Schon die Griechen und Römer sowie einige Naturvölker schmückten sich mit der lebenslangen Körperverzierung. Wer die Kunst im Umgang mit Farben und Nadeln erfand, ist bis heute nicht geklärt. Soldaten und Seeleute brachten den Körperschmuck am eigenen Leibe in die Heimathäfen. Vor allem Teilnehmer an Südsee-Expeditionen kehrten tätowiert nach Hause zurück. Aus der Südsee stammt auch die Bezeichnung für das Einstechen von Ornamenten in die menschliche Haut. Als Kapitän Cook 1769 die Insel Tahiti entdeckte, brachte er von dort das Wort „Ta-tau“ für Tätowierung mit.

Von wilder Romantik ist in der „Ältesten Deutschen Tätowierstube“ nichts zu spüren. Blitzsaubere Arbeitsgeräte und moderne Liegestühle erinnern an eine Zahnarztpraxis. Feuerspeiende Drachen, exotische Vögel, bunte Schmetterlinge und viele andere mögliche Motive an den Wänden inspirieren den Besucher. Für 30 Mark zaubern die Künstler schon innerhalb von fünf Minuten ein kleines Motiv auf die Haut. Je nach Größe und Motiv steigen die Preise, 200 Mark muß man für ein ansehnliches Körperbild schon berappen. Auch von Kunden selbstentworfene Motive sticheln Götz und sein Mitarbeiter Salvatore Papalia in stundenlanger Feinarbeit auf die Haut. Der 24jährige Papalia war zunächst selbst Stammkunde bei Götz, bevor auch er die Tätowiermaschine bediente.

Tätowierer darf sich hierzulande jeder nennen, klagt Götz. Er hat allein in Hamburg mehr als zehn offizielle Konkurrenten, schätzt die Zahl der „Kleinstbetriebe“ aber deutlich höher ein. „Das einzige, was man braucht, ist leider Gottes nur der Gewerbeschein“, schimpft der Tätowierer. Nicht einmal ein Gesundheitszeugnis sei vorgeschrieben.

Maren Lohse/dpa