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Unterm Strich

Alles gesamtdeutsch-europäische Gemäkel und Gequake über den unaufhaltsamen Verfall des Films (demnächst auch in Ihrem Kino) verpufft angesichts der Oscar-Verleihungen, die am 21. März in Amerika bevorstehen: Dort finden nämlich alle sich und alles super. Und überhaupt. Steven Spielberg, für „Schindlers Liste“ als bester Regisseur nominiert, gab beim alljährlichen Treffen der Oscar-Kandidaten in Beverly Hills die self-fulfilling Marschroute vor: „Die Filme, die dieses Jahr auf der Oscar-Liste stehen, sind die besten seit zehn Jahren.“ Huch, genau, richtig, super, ab und tschüß und so weiter, möchte man dem Hollywoodmenschen aus der europäisch-kunstklitterigen Lethargie befreit zurufen und freudig den nächstbesten vorbeieilenden Dinosaurier bespringen, würde Tom Hanks die allgemeine Euphorie nicht gar zu heftigst ausbremsen. Denn der Preis-Anwärter bekannte: „Ich würde gerne mit den Verlierern in meiner Kategorie nach der Verleihung eine Zigarette rauchen.“ Ach Tom, und was wenn weniger draus wird? Rauchst Du dann einsam, still und leise Dein Päckchen „Navy Cut“ auf dem Trottoir in Dich hinein wie Reinhard Münsters Trauertröpfe in dessen Babelsberger Unterhaltungsdilemma „Alles auf Anfang“? Schön jedenfalls von dpa zu lesen, daß wenigstens Holly Hunter der Verleihung entgegenfreut und -fiebert: „Ich fühle mich wie zu Weihnachten, als ich acht Jahre alt war.“

In Indien sind Cineasten dagegen zutiefst betrübt: Devika Rani Roerich, die in den ersten Jahren des indischen Tonfilms zu großem Ruhm gelangte, ist im Alter von 86 Jahren gestorben. Als Schauspielerin hatte die in der Schweiz ausgebildete Tänzerin schon während der 30er Jahre Filmkarriere gemacht, bevor sie mit ihrem ersten Ehemann Himanshu Rai das Filmstudio Bombay Talkies gründete. Später ehelichte sie den Russen Swetoslaw Roerich, nach dessen Tod sich die Diva von Welt in die südindische Stadt Bagalore zurückgezogen hatte. Unweigerlich kommen da Erinnerungen an die Berlinale hoch, schon wegen der großen Fearless Nadia und deren wildromantischer Lebensgeschichte „The Hunterwali Story“.

Doch die Wirklichkeit holt einen jäh zurück an den Computer: Der Rapper Terry Gray, Mitglied der Truppe um Ice Cube, den großen bösen Wolf des los- angelikanischen HipHop, ist am Dienstag wegen Mordverdachts festgenommen worden. Er soll am 18. Februar, in Erwartung eines besseren Ghetto-Barbecue-Weekends sozusagen, in alle möglichen Richtungen geschossen haben, bis ihm ein Kugelfänger vor die Flinte lief. Ein zweiter Mann wurde angeblich verletzt. Genaues weiß man aber nicht, und so hat das Los Angeles Police Department statt kreisender Helikopter ein ballistisches Untersuchungsteam nach South Central entsandt, um die Waffensammlung des Sängers auf Schmauchspuren zu überprüfen.

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