■ Standbild: Routinierter Rauschtrunk
„Stars gegen Alkohol am Steuer“, Sa., 16.25 Uhr, 3sat
I never drink water because fish fuck in it. (W.C. Fields)
Ein unterwürfiger Schnauzbart namens Reinhard Waldenberger präsentiert uns aus Linz fett ins Bild gerückte Limousinen und einen Haufen vermeintlicher Stars. Ich kann mir nicht helfen, es sind nicht unsere Besten, noch sind sie kompetent, die da routiniert gegen Rauschtrunk und teuflische Schankgaststätten wettern:
Der Star Fritz Wepper (der hier gut reden hat, da er für seine Räusche bekanntlich keinen Alkohol braucht), das peinliche Star-Ehepaar Wussow-Fortell (das hier gut reden hat, „...weil, ich trinke keinen Alkohol, jetzt im Ernst“), der alberne Kinderstar Nicki (der hier gut reden hat, Nicki bekommt in Kneipen ohne ihren Ausweis sowieso höchstens Ginger-Ale) u.a. Sternchen.
Einzig Pierre Brice macht uns betroffen: Er warnt uns, niemals wie er mit 19 Jahren im Vietnam- Krieg sturzbetrunken in die feindlichen Linien zu rasen („...und plötzschlisch öre isch von allen Seiten Schießerei von Maschinengewährr...“). Als wir seinen Rat gerade befolgen wollen, gesteht der Indianer vom Dienst uns überraschenderweise – und zeigt sich sämtlichen Star- Kollegen einen wichtigen Erkenntnisschritt voraus –, er habe „damals den Sinn für die Realität verloren“. Im Geiste ergänzen wir „und nicht, nie, niemals wiedergefunden“ – lachend, ja: feixend, denn im Gegensatz zu Winnetou wissen wir natürlich, um es mit einer alten irischen Volksweisheit zu sagen, daß Realität nur die Illusion ist, die durch Mangel an Alkohol entsteht.
Wer das auch weiß, ist übrigens Herr Pehle. Kürzlich begab er sich des Abends in die Stadt Bielefeld und hatte wegen eines zu erwartenden exzessiven Rauschzustandes sein Fahrrad hinten ins Auto gepackt. Nach Erreichen dieses ihm durchaus nicht völlig unbekannten Stadiums ließ er sich auf dem Parkplatz das ein oder andere Bier nochmals durch den Kopf gehen. Dann holte er sein Zweirad, stieg auf, nahm Schwung und fiel um. Stand wieder auf, fuhr gegen eine dazwischenspringende Laterne und fiel um. Nun ist Herr Pehle in der Lage, drei Döner Kebab hintereinander zu genießen und dabei auf Zuruf sämtliche Autokennzeichen Deutschlands zuzuordnen. Mit anderen Worten: kein Mensch, der allzuschnell aufgibt. Aber nach dem dritten Sturz endlich gab er das sinnlose Unterfangen dran, packte sein Rad in den Wagen und fuhr nach Hause.
Schlimm, wenn man verlassen und in dunkler, einsamer Gegend einmal die Wahl nur hätte, entweder zu Barbara Wussow ins Auto zu steigen, die auch ohne Trunkenheit geistige Vollbremsungen hinlegt, oder zu solch honorigen Leuten wie den Herren Pehle und Fields. Die einem die Tür schon öffnen würden mit jenem glasigem Blick, der zu versprechen scheint: Ich bremse auch für Stars und Sternchen. Martin Sonneborn
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