: Spendenaffäre im Innenministerium
■ Billige NVA-Boote gegen Spenden für Privatstiftung: Kanther ermittelt
Hamburg (dpa/taz) – Mit einer überraschend phantasievollen Aktion kämpfen Mitarbeiter des Innenministerium um die Erhaltung des sozialen Netzes. Wie der Spiegel berichtet, versuchten Ministerialbeamte den Verkauf von Patrouille- und Wachbooten der DDR-Volksarmee (NVA) mit einer Art Zwangsspende zugunsten sozial Schwacher zu kombinieren. Sechsstellige Beträge sollten an der Staatskasse vorbei in die „Polizeistiftung des Bundes für den Bundesgrenzschutz“ gelenkt werden. Ex-Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte die Stiftung gegründet, um in Not geratenen Grenzschützern und ihren Angehörigen unbürokratisch helfen zu können. Das Startkapital von 40.000 Mark hätten Bedienstete des Innenministeriums und Grenzschützer privat gesammelt. Offenbar reichte das nicht aus, denn nach Darstellung des Spiegel haben am Bootsverkauf beteiligte Ministerialbeamte die Käuferländer aus dem Mittelmeerraum „offen“ und ganz ungeniert um Spenden angegangen und im Gegenzug erhebliche Preisnachlässe versprochen.
Aufgeflogen ist die Sache, weil auch Malta sparsam ist. Im Fall des Inselstaates habe das Bonner Finanzministerium für je zwei NVA- Patrouillenboote vom Typ „Kondor“ und „Bremse“ zunächst 280.000 Mark gefordert, weiß der Spiegel. Kurz vor Vertragsabschluß habe das Innenressort dann telefonisch einen Preisnachlaß von 40.000 Mark angeboten, unter der Bedingung, daß 100.000 Mark direkt an die Stiftung überwiesen werden und 140.000 Mark an die Staatskasse. Ein genialer Deal, denn intern war der Preis der Boote auf eben jene 140.000 Mark festgesetzt worden. Bleibt ein Extra-Reibach von 100.000 Mark für die Stiftung.
Doch die maltesische Regierung wurde mißtrauisch. Statt die Beträge kommentarlos zu überweisen, schickte sie einen Offizier mit zwei Schecks zur deutschen Botschaft in die Hauptstadt Valletta. Dort hätten die ahnungslosen Diplomaten nur den Scheck über 140.000 Mark entgegengenommen, den für die Stiftung aber zurückgewiesen und so leichtfertig den Beitrag Maltas zum deutschen Sozialwohl verhindert.
Das Innenministerum erklärt indes, die Malteser wollten mit der Spende „Dank und Anerkennung“ für den niedrigen Kaufpreis ausdrücken. Dennoch habe Minister Manfred Kanther „eine sofortige und umfassende Prüfung“ angeordnet. Mit den Vorgängen befaßt sich inzwischen der Bundesrechnungshof.Kommentar Seite 10
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