: Hegel kommt, Rosa und Karl bleiben
■ Kommission stellt Vorschläge zu Straßenumbenennungen in Ostberlin vor
Rosa Luxemburg bleibt, Karl Liebknecht wird kräftig gestutzt, und Karl Marx erhält als zukünftigen Nachbarn Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Das sind die wichtigsten Empfehlungen, die vorab der taz aus dem Kommissionsbericht zu Straßenumbenennungen bekannt wurden. Die sieben Experten, die auf Geheiß von Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) über 19 Straßennamen in Ostberlin zu beraten hatten, stellen heute ihr Papier vor.
Nach Meinung der aus Historikern und Politikern bestehenden Kommission soll der Name Rosa Luxemburg weiterhin die Straße, den Platz und die U-Bahn-Station in Mitte schmücken. Ihr KPD- Kampfgefährte Liebknecht wird hingegen nur noch zwischen Mollstraße und Alex zu finden sein. Von dort bis kurz vor dem Deutschen Historischen Museum wird der Name des preußischen Architekten Karl Friedrich Schinkel vorgeschlagen. Die Karl-Marx-Allee in Friedrichshain bleibt zum Großteil erhalten, bekommt aber ein streitbares Pendant: Vom Strausberger Platz bis zum Alex wird erstmals in Berlin eine Straße nach dem deutschen Philosophen Hegel benannt, den Marx in seinen jungen Jahren verehrte und dessen Thesen er später bekämpfte.
Auch die Clara-Zetkin-Straße am Reichstag soll umgetauft werden. Nach dem Urteil der Kommission ist das Plädoyer der KPD- Politikerin für das Rätesystem und ihre Verteidigung des sowjetischen Kommunismus weitaus stärker zu gewichten als ihre frühere Tätigkeit in der SPD. Nun soll im künftigen Regierungsviertel der Kurfürstin von Brandenburg, Dorothea, gedacht werden. Aus dem Marx- Engels-Platz in Mitte wird – in Anlehnung an die zu DDR-Zeiten gesprengte Hohenzollern-Residenz — der Schloßplatz. Getilgt wird auch der Name Georgi Dimitroff, ehemaliger Chef der Kommunistischen Internationale. Er soll dem in der Weimarer Republik erschossenen Zentrumspolitiker Matthias Erzberger und dem Bismarck-Berater Ludwig-Bamberger weichen.
Ebenso wie der Spanienkämpfer Hans Beimler fand auch die kommunistische Widerstandskämpferin Käthe Niederkirchner keine Berücksichtigung. Die nach ihr benannte Straße am Abgeordnetenhaus soll nun „Am Preußischen Landtag“ heißen. Mit diesem Vorschlag will die Kommission daran erinnern, daß der Ort eine der letzten demokratischen Bastionen gegen die heraufziehende Nazidiktatur war.
Bewahrt werden soll das Andenken an den 1944 hingerichteten Kommunisten Bernhard Almstadt, den Journalisten Max Beer und Erich Habersaath, der am 9. November 1918 erschossen wurde. Höchst umstritten blieb bis zuletzt die Würdigung des ersten sowjetischen Stadtkommandanten von Berlin, Nikolai Bersarin. Das Minderheitenvotum gegen die Rückbenennung in Baltenplatz wird im Bericht dokumentiert. Severin Weiland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen