: Malaysias Premier wird ungemütlich
■ Mahathir schreibt einen erregten Brief, in dem er das Handelsembargo gegen Großbritannien bekräftigt
London (taz) – Für Malaysia sind die Würfel gefallen“, schrieb der malaysische Premierminister Mahathir bin Mohamad gestern in einem Brief an die Financial Times. „Keine Verträge als Gegenleistung für die Freiheit der britischen Presse, Lügen zu erzählen.“ Das bedeutet: Das vor drei Wochen verhängte Embargo für Regierungsaufträge an britische Firmen bleibt bestehen, obwohl sich der britische Premierminister John Major fieberhaft bemüht hat, Mahathir umzustimmen. Für die britische Wirtschaft stehen Exporte im Wert von fast einer Milliarde Pfund im Jahr auf dem Spiel. 25.000 britische Arbeitsplätze seien gefährdet, sagte Major.
Grund für das Embargo sind Berichte in der britischen Presse, in denen die malaysische Regierung der Korruption bezichtigt worden ist. Dabei geht es vor allem um den Pergau-Staudamm im Norden Malaysias. 1988 hatte die Londoner Regierung einen günstigen Kredit in Höhe von 234 Millionen Pfund für das Projekt zugesichert. Im Gegenzug bestellte Malaysia britische Waffen für 1,3 Milliarden Pfund. An dem Pergau- Kredit, so behauptete die Sunday Times am vergangenen Sonntag, hätten „der malaysischen Regierung nahestehende“ Personen Millionen verdient. Mahathir erwiderte, er verstehe nicht, wie „man es als Korruption bezeichnen kann, wenn wir hart verhandeln, um Geld der malaysischen Regierung zu sparen“. Ohne den günstigen britischen Kredit wäre der Auftrag für den Bau des Staudamms an nichtbritische Unternehmen gegangen. Japan und andere Länder bieten laut Mahathir ebenfalls günstige Kredite an, um Aufträge für ihre Wirtschaft zu sichern.
Mahathir glaubt, daß die Anschuldigungen mit „britischen Skrupeln beim Verkauf von Waffen“ zusammenhängen. „Waffen sind Waffen“, heißt es in seinem Brief. „Ob sie verschenkt oder subventioniert oder mit massivem Gewinn verkauft werden – ihr Zweck bleibt derselbe. Wenn Sie Skrupel haben, dann dürfen Sie eben überhaupt keine Waffen verkaufen. In keinem anderen Geschäftsbereich wird im Westen soviel geheuchelt.“
Mahathir, der die Presse in seinem Land mit scharfem Auge überwacht, ging mit den britischen Blättern hart ins Gericht. „Es ist vielleicht Teil der britischen Pressefreiheit, fälschlich zu behaupten, daß der malaysische Premierminister korrupt ist“, schrieb er und fuhr fort: „Natürlich sind die Eingeborenen korrupt. Sie müssen es sein, weil sie nicht britisch und nicht weiß sind. Die Lügen sind frei. Die Richtigstellung ist es nicht. Einzig darum geht es bei den westlichen Demokratien und ihren Menschenrechten. Wenn das nicht moralische Dekadenz ist, was dann?“
Andrew Neil, der Herausgeber der Sunday Times, sagte gestern, Mahathirs Brief zeuge von einem „sehr wirren Geist“. Mahathir sei auf die Beschuldigungen gar nicht eingegangen. In der Sunday Times wurde behauptet, daß Mahathirs Freunde, Verwandte und Verbündete an Insider-Geschäften 825 Millionen Pfund verdient hätten. Der britische Kredit wurde nämlich direkt an die malaysische Elektrizitätsgesellschaft gezahlt, was relativ unüblich sei. Als das Unternehmen 1992 privatisiert wurde, vervierfachte sich der Wert der Aktien deshalb über Nacht.
Die Briten sollten sich über das Embargo doch freuen, sagte Mahathir. Wenn die Zeitungen recht haben, daß Malaysia seinen Wirtschaftsaufschwung einzig Großbritannien verdanke, dann „kann die freie Presse sich ins Fäustchen lachen, wenn Idi Amin Hitler Mahathir schon bald angekrochen kommt und Verträge anbietet“. Ralf Sotscheck
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