USA wollen mehr Druck auf Nordkorea

US-Regierung sucht Verbündete für UNO-Resolution gegen Pjöngjang wegen dessen Atompolitik / Sanktionsdrohungen aber unwahrscheinlich, da China nicht mitmachen will  ■ Aus Washington Andrea Böhm

Kommt in Washington derzeit das Stichwort „Asien“ zur Sprache, werden die Mienen von SenatorInnen und Regierungsmitgliedern säuerlich bis sorgenvoll. Zu den diversen Problemen zählen der Handelskonflikt mit Japan sowie das jüngste Debakel des Besuchs von US-Außenminister Warren Christopher in China.

Die größte Krisenstimmung schafft jedoch immer das Regime in Nordkorea: So zuletzt am vergangenen Samstag, als die nordkoreanische Delegation die Gespräche mit ihren südkoreanischen Verhandlungspartnern abbrach – mit den düsteren Worten, die südkoreanische Hauptstadt Seoul könne sich bald „in ein Flammenmeer“ verwandeln. Die südkoreanische Delegation hatte nichts weiter getan, als die Nordkoreaner aufzufordern, ihre Nuklearanlagen durch die „Internationale Atomenergiebehörde“ (IEAO) inspizieren zu lassen.

Sowohl in Südkorea als auch in den USA, die 37.000 Soldaten auf der Halbinsel stationiert haben, ist man an diese martialische Rhetorik der Nordkoreaner zwar gewöhnt, doch man hütet sich, sie als leere Drohung abzutun. Den abrupten Abbruch der Verhandlungen zwischen Pjöngjang und Seoul betrachtet die Regierung von Bill Clinton als vorläufiges Ende diplomatischer Versuche, dem Regime Kim Il Sungs dessen vermeintliches oder tatsächliches Atomwaffenpotential mit politischen und ökonomischen Angeboten abzukaufen. Schikanen und Versteckspiele seitens der Nordkoreaner haben es der Behörde seit Anfang letzten Jahres unmöglich gemacht, herauszufinden, ob und in welchem Umfang in Nordkorea waffenfähiges Plutonium produziert wird – und damit Aussagen über den Stand der nordkoreanischen Atomwaffenproduktion machen zu könnnen.

Erst am Dienstag letzter Woche war ein Team der IEAO frustriert aus Nordkorea zurückgekehrt, wo ihm Zugang zu einer Nuklearanlage in Yongbyong verweigert wurde. Daraufhin hatten die USA ihrerseits geplante Gespräche mit Nordkorea abgesagt. Gestern nun beschloß das höchste Gremium der IAEO, der Gouverneursrat mit VertreterInnen aus 35 Mitgliedsländern, den Problemfall Nordkorea dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vorzutragen. Dort stehen nun vor allem die USA in einem Dilemma: Zu den außenpolitischen Prioritäten der Regierung Clinton zählt es, die Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern. Und innenpolitisch wächst der Druck auf die US-Regierung, gegenüber Nordkorea härtere Töne anzuschlagen.

Um jedoch in Form von Wirtschaftssanktionen Druck auf Nordkorea auszuüben, ist Washington auf die Kooperation Chinas angewiesen. Das bilaterale Verhältnis zwischen China und den USA ist jedoch seit dem jüngsten Besuch von US-Außenminister Warren Christopher deutlich abgekühlt und könnte sich noch weiter verschlechtern, sollten die USA die Erneuerung der Meistbegünstigungsklausel weiterhin zu „lautstark“ mit Menschenrechtsforderungen verknüpfen. Zudem hat Beijing wiederholt klargemacht, daß es die Verhängung ökonomischer Sanktionen gegen den nominellen Verbündeten Nordkorea mit einem Veto im Sicherheitsrat verhindern würde.

Es sei mittlerweile internationale Regel, alle Probleme durch Dialog zu lösen, erklärte Zhang Tingyan, Chinas Botschafter in Südkorea am Wochenende in eiem Interview mit einer südkoreanischen Nachrichtenagentur. „Warum sollte das Nuklearproblem mit Nordkorea eine Ausnahme sein? China jedenfalls kann Sanktionen oder anderen harten Maßnahmen nicht zustimmen.“ Deshalb wollen die USA diese Woche dem Sicherheitsrat eine Resolution vorlegen, in der Nordkorea lediglich aufgefordert wird, seine Nuklearanlagen inspizieren zu lassen. Sanktionen sollen nicht konkret angedroht werden, bleiben als zukünftige Option jedoch möglich. Warren Christopher, in Washington derzeit für seine China-Politik arg kritisiert, gab sich optimistisch, was die Kooperation Chinas betrifft. „China hat ebenso ein Interesse an einer nuklearfreien Halbinsel“, erklärte er am Wochenende in einem Fernsehinterview. Gleichzeitig mußte er jedoch einräumen, daß es keinerlei Kooperationszusagen seitens Chinas gibt.

Je ungewisser multilaterale politische Initiativen erscheinen, desto größer wird der innenpolitische Druck in den USA, dem Regime in Pjönjang militärisch die Muskeln zu zeigen. Das ausgesetzte Gemeinschaftsmanöver südkoreanischer und amerikanischer Truppen „Team Spirit“ wird nun doch stattfinden – wenn auch ein Termin noch nicht feststeht. Die Lieferung von US-Patriot-Raketen an Südkorea, bereits Anfang des Jahres vom Pentagon befürwortet, steht kurz bevor. Und der republikanische Oppositionsführer im Senat, Richard Gephard, verlangte im Einklang mit dem Fraktionsführer der Demokraten im Repräsentantenhaus eine Verstärkung der 37.000 US-Soldaten in Südkorea – unter anderem durch die Entsendung von Flugzeugträgern.