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Isoliert und zerstritten

■ Polens nationalistische Parteien sind dem Volk lästig

Schirinowskis polnische Freunde sind schwach, isoliert und sehen sich meist dem Volkszorn und allgemeiner Verachtung ausgesetzt, wenn sie ihre Sympathien allzu laut und öffentlich äußern. Schirinowski-ähnliche Parteien haben in Polen schon aufgrund der polnischen Nachkriegsgeschichte kaum eine Chance. Als Schirinowski in Moskau über eine Rückgabe Lwows (das heute zur Ukraine gehört) an Polen schwadronierte, erntete er in Warschau allenfalls Kopfschütteln und Verwunderung statt der erhofften Beifallsstürme.

Polens gesamtes politisches Spektrum orientiert sich nach Westen, weder der Drang in die Nato noch die EG-Assoziierung sind inzwischen an der Weichsel umstritten, mit Appellen an slawische Solidarität und anti-westliche Ressentiments kann man keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervorlocken.

Wie wenig populär das Gedankengut der russischen Liberaldemokraten in Polen ist, erkennt man schon daran, auf wen Schirinowski sich bei seinem erst fehlgeschlagenen, dann doch zustandegekommenen Polenbesuch stützte. Eingeladen hatte ihn Janusz Bryczkowski, ein dubioser Kleinunternehmer mit guten Nomenklatura- Verbindungen, der sich 1989 erst Polens Grünen anschloß und sie dabei spaltete. Als nächstes Opfer wählte er sich die „Bauernselbstverteidigung“, eine radikale, extrem populistische Organisation verschuldeter Bauern, die in Polen von sich reden machte, indem sie Landstraßen blockierte, Ministerien besetzte und Gerichtsvollzieher mit Schrotflinten und Mistgabeln an Pfändungen überschuldeter Höfe hinderte. Bald schon kooperierte dieser wilde Haufen aus ehemaligen kleinen Parteibonzen, Antisemiten, Nationalisten und einfach durchgedrehten Bauern mit deutschen Rechtsradikalen aus dem Umfeld der „Europäischen Arbeiterpartei“. Bryczkowski finanzierte zum Teil den Wahlkampf der Selbstverteidiger, doch als die Partei an der Fünfprozenthürde scheiterte, verabschiedete er sich und nahm dabei die Hälfte der Partei in seine neu gegründete Partei, die „Nationale Polnische Front“, mit. Die hatte er extra für den ersten Schirinowski-Besuch im Januar gegründet, der dann doch nicht zustandegekommen war, weil Schirinowski erkrankte. Als er dann schließlich im März in Warschau landete, hielt die „Front“ gerade ihren Parteitag ab. Schirinowski verschaffte ihr ordentlich Publicity, aber auf wirkliches Ansehen kann sie in Polen nicht rechnen, genausowenig wie die „Polnische Nationale Partei – Nationale Gemeinschaft “ des Ex- Partei-Apparatschiks Boleslaw Tejkowski, der sich inzwischen vor einem Warschauer Gericht wegen Aufwiegelung zum Rassismus verantworten muß. Klaus Bachmann, Warschau

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