Der geistige Brandstifter legt nach

Rep-Hetze: Beim Parteitag macht Schönhuber den Zentralratsvorsitzenden Ignatz Bubis für den Antisemitismus verantwortlich / Polizei behindert Gegendemonstranten  ■ Aus Erding Holger Gertz

Draußen, vor der Stadthalle in Erding bei München, wachte die bayerische Staatspolizei zu Hundertschaften über „Ruhe und Ordnung“. Drinnen, beim Landesparteitag der rechtsextremen „Republikaner“, stellte Rep-Chef Franz Schönhuber klar, wer seiner Meinung nach für den Brandanschlag auf die Synagoge von Lübeck verantwortlich sei: Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis. Er sei „derjenige, der in Deutschland für den Antisemitismus sorgt“, sagte Schönhuber und kündigte an, den Zentralratsvorsitzenden wegen „Volksverhetzung“ und „Verleumdung“ vor Gericht bringen zu wollen. Bubis hatte am vergangenen Freitag „geistige Brandstifter“ für den Lübecker Anschlag verantwortlich gemacht, also auch Schönhuber und Konsorten.

Der Rep-Chef kündigte an, seine Partei werde die Republik im Wahljahr 1994 flächendeckend mit Propaganda überziehen. Acht Millionen Wahlkampfzeitungen, elf Millionen Flugblätter sollten verteilt werden, der Etat liege allein für den Bundestagswahlkampf bei rund fünf Millionen Mark.

Das Delegiertentreffen, bei dem Schönhuber zum Bundestags- Spitzenkandidaten seiner Partei gewählt wurde, ging praktisch unter Ausschluß der Öffentlichkeit vor sich. Selbst der Presse war der Einlaß verwehrt, wegen befürchteter Demonstrationen war das Gelände um die Erdinger Stadthalle weitläufig abgesperrt. Auf den Zufahrtswegen und in der S-Bahn wurden Passanten von der Polizei kontrolliert, bisweilen wurden Fahrzeuge so ausführlich untersucht, daß die Insassen die Kundgebung gegen die „Republikaner“ verpassten, zu der der DGB aufgerufen hatte. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich an der Demonstration rund 600 Menschen.

Weitere dürften durch die Vorkommnisse am Vorabend abgeschreckt worden sein, als die Polizei zahlreichen Interessierten den Zugang zu einer Gegenveranstaltung in der Stadthalle verweigerte. Eine parteiübergreifende Initiative hatte mit anderen Gruppen wie DGB, Pax Christi, Ärzte gegen den Atomkrieg zu einem Vortrag geladen, bei dem es um die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Problem der Neuen Rechten in Deutschland gehen sollte. Zu hören war ein Referat von Wolfgang Gessenharter, Autor des Buches „Kippt die Republik? – Die neue Rechte und ihre Unterstützung durch Politik und Medien“. Bei der Polizeiaktion wurden vier Personen vorübergehend in „Sicherheitsgewahrsam“ genommen und erst nach Mitternacht freigelassen, nachdem Freunde und Bekannte der Festgesetzten damit gedroht hatten, die Halle nicht zu verlassen. Viele Beamte in Zivil waren in der Stadthalle, ein filmender Polizist baute seine Kamera erst nach lautem Protest der Anwesenden ab.

Alarmiert war die Polizei offenbar durch die Ankündigung, es würden zahlreiche Autonome aus vielen Teilen des Landes anreisen. Tatsächlich waren fast ausschließlich junge Protestler aus der Umgebung da, die sich keineswegs aggressiv gebärdeten. Das martialische Auftreten der Polizei sei dennoch gerechtfertigt gewesen, meinte mit deftigen Worten Erdings Bürgermeister Karl-Heinz Bauernfeind (Unabhängige Wählergemeinschaft): „Bayerische Art ist bayerische Art, in München genauso wie in Erding.“