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Verkehrsfeminist Eugen Wagner?!

■ Frauen sollen bei Verkehrspolitik mitreden dürfen / Noch ist unklar, mit welchen Kompetenzen Von Florian Marten

Bewegung in der Baubehörde: Der Männerclub im Amt für Verkehr und der Behördenspitze will in Verkehrsfragen sein Ohr zukünftig sogar weiblichen Einflüsterungen öffnen. Unklar ist freilich, welche Frauen wie flüstern dürfen: Frauenverkehrsreferat, Frauenverkehrsbeirat oder behördeninterne Arbeitsgruppe „Fachfrauen für Bau und Verkehr“ – das ist hier die Frage.

Geht es nach der SPD-Beschlußlage, dann müßte ein Fachreferat für Frauen und Verkehr her. Im Rahmen ihrer Reformdiskussion um eine neue Verkehrspolitik hatte ein SPD-Landesparteitag gefordert, die Interessen von Frauen durch eine eigenes Verkehrsreferat vertreten zu lassen.

Geht es nach der rührigen Fraueninitiative „Arbeitskreis Frauenverkehrsbeirat“, einem überparteilichen Zusammenschluß verkehrspolitisch aktiver Frauen, darunter viele Planerinnen und Architektinnen, dann sollte die Baubehörde einen Frauenverkehrsbeirat einrichten, der nach dem Vorbild des Fahrradbeirates Konzepte für eine frauengerechte Verkehrswende entwickelt. Überlegungen, diesen Frauenbeirat im Senatsamt für die Gleichstellung der Frau anzusiedeln, lehnten die Aktivistinnen ab. Sie wollten dahin, wo Verkehr gemacht wird, wo politische Macht sitzt. Die Tür zum Amtszimmer des Verkehrssenators Eugen Wagners öffnete im Oktober 1993 ein Brief der damaligen Frauensenatorin Traute Müller, die dem „sehr geehrten Kollegen“ schrieb, „ich hoffe, daß nach dem Vorbild des Fahrradbeirates auch der Wunsch der Frauen des AK Frauenverkehrsbeirat bei Ihnen Gehör findet“.

In Gesprächen mit der Frauenini outete sich Wagner denn auch als konsequenter Verkehrsfeminist, der um die besonderen Sorgen und Nöte der Frauen wisse. Mann könne allerdings nicht „den zweiten Schritt vor dem ersten“ tun. Bevor sich die Behörde einem Frauenbeirat aussetze, müsse sie sich erst selbst fit machen. Er sicherte dem Arbeitskreis immerhin zu, in Kürze ein Frauenverkehrsreferat einzurichten.

Inzwischen wurde auch diese Idee abgespeckt. Als Puffer gegen die Pressure-Group der Frauenini soll nun eine behördeninterne Arbeitsgruppe „Fachfrauen für Bau und Verkehr“ dienen. „Sie wird sich“, wie es in einer behördeninternen Vorlage heißt, „einmal im Monat der Diskussion mit Frauengruppen stellen“. Anliegen sei die „frauengerechte Aufbereitung“ von Verkehrsthemen, die dann in den Planungsalltag der Behörde eingespeist werden sollen.

Aber, immerhin, so die Autorinnen der Baubehördenvorlage: „Auf den weiblichen Blick sollte insbesondere in einer technischen Behörde nicht verzichtet werden.“ Denn: „Frauen wissen z.B. um Hindernisse im Wohnumfeld, die sie als Elternteil mit Kinderwagen zu überwinden haben.“

Der Frauenini ist das ein bißchen zu wenig. So preschte sie gestern mit einer Presseerklärung vor, und begrüßte – „immerhin, der erste Schritt“ – die noch längst nicht vollzogene „Einrichtung eines Frauenreferates durch Verkehrssenator Eugen Wagner“. Der zweite Schritt, so fordert Barbara Brakenhoff, Sprecherin der Frauenini, solle möglichst bald folgen. Dann soll es weniger um Kinderwagen und Elternteile, sondern um „grundsätzliche Beschlüsse zur Verkehrsplanung“ gehen. Jürgen Asmussen, Sprecher der Baubehörde kontert denn auch trocken: „Noch ist nichts entschieden. Wir arbeiten dran und werden unsere Vorstellungen zu gegebener Zeit selbst präsentieren.“

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