: „Vom militanten Kern war keiner dabei“
■ Demonstration Potsdamer Hausbesetzer
Was hat Rolf Kutzmutz, Kandidat der PDS bei den letzten Oberbürgermeisterwahlen, mit einem Hausbesetzer gemeinsam? „Wir müssen beide gegen den Vorwurf kämpfen, ein Investorenschreck zu sein“, antwortete Kutzmutz auf einer Kundgebung vor jungen Potsdamern, die an der Demonstration der Bürgerinitiative (BI) gegen Kriminalisierung von Jugendlichen teilnahmen. Der vergangene Mittwoch muß demnach ein schlimmer Tag für die Investoren gewesen sein, denn da kam der Schreck geballt daher. Ungefähr 300 Menschen, schätzte ein Polizist, kamen zur Kundgebung auf dem Platz der Einheit. Von dort zog die Menge zu den Klängen von Bob Marleys „I shot the Sheriff“ über die Breite Straße. Lediglich ein paar Polizisten eskortierten die Demonstranten. Die Ordnungshüter mußten sich vielmehr vorkommen wie auf einem Karnevalszug in Rio, denn auf einer Hausbesetzerdemo: Grell geschminkt und trommelnd liefen die Demonstranten durch die Zeppelin- und Schopenhauerstraße. Am Obelisk verlas eine Frau das „Neue Edikt von Potsdam“, das da lautet: „Jeder soll nach seiner Fasson selig werden.“ Die rechte Seligkeit wollte sich zu Beginn der Kundgebung jedoch nicht einstellen. Es waren nämlich, anders als mit der Einsatzleitung vereinbart, jede Menge Polizisten samt Mannschaftswagen angerückt. Mehrere Stunden hatten zuvor Vertreter der BI mit der Polizei verhandelt, bis sie die Demonstration genehmigten. Am Abend genügte nur ein Anruf, und die überschüssigen Ordnungshüter zogen wieder ab. Bereits am Montag (die taz berichtete) waren Mitglieder der BI zu einem Schweigemarsch losgezogen, um gegen den Umgang der Stadtregierung mit den Hausbesetzern zu protestieren. Die BI gründete sich nach den Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Hausbesetzern Ende Februar. „Wir wollten nicht mit ansehen, wie Kinder und Jugendliche eingekesselt und geprügelt werden“, sagte eine Vertreterin der BI zur taz. In der BI haben sich unter anderem Eltern von Hausbesetzern und Hausbesetzer organisiert. „Vom militanten Kern ist niemand dabei“, sagt die Frau. Die BI kämpft für friedliche Verhandlungen mit der Stadt. Keine Räumungen, aber auch keine Neubesetzungen, so lautet die Forderung der Bürgerinitiative. Annabel Wahba
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