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Europäische Rechte will in Ulm groß feiern

■ Bürgermeister Gönner soll Großveranstaltung der Pan Europa Union verhindern

Ulm (taz) – Wissen Sie, was Otto Habsburg, Sohn des letzten österreichischen Kaisers und rechtsradikaler Multifunktionär, Prof. Dr. Hans Karl Filbinger, Ex- Landesvater Baden-Württembergs und grausamer Richter unter und nach Adolf Hitler, Peter Dehoust, langjähriges Mitglied des NPD-Landesvorstands in Bayern und Mitglied der faschistischen „Deutschen Liga für Volk und Heimat“, und Hartmut Koschyk (CDU), Mitglied des Bundestages, der die Ostgebiete endlich wiederhaben will, alle gemeinsam haben? Sie gehören zu den mutmaßlich 200.000 Migliedern der sogenannten Pan Europa Union (PEU), einer überparteilichen, in Deutschland CDU-nahen Sammelbewegung, die nach eigenen Angaben ganz harmlos für einen „demokratisch-rechtsstaatlich verfaßten europäischen Bundesstaat, ein starkes Europaparlament und ein christlich geprägtes Europa der Regionen“ eintritt. – Sieht man genauer hin, wird schnell deutlich, daß es sich bei der PEU um einen Bestandteil des umfangreichen und ständig wachsenden Netzwerks der europäischen Neuen Rechten handelt. Nun möchte die Tochterorganisation der PEU, die ebenfalls CDU-nahe Pan Europa Jugend – Deutschland (PEJ), vom 22. bis 24. April ihre Jahrestagung im neuen Ulmer Kongreßzentrum abhalten. Ein Riesending soll es werden mit 1.000 Teilnehmern aus 20 Ländern, Festzelt auf dem Volksfestplatz, mit Gottesdienst im Ulmer Münster und ganz vielen illustren RednerInnen wie etwa Prof. Dr. Peter Beyerhaus von der Konferenz bekennender Gemeinschaften in der evangelischen Kirche Deutschlands, der in seinem Opus „Wort und Wissen“ die Frau als Abglanz des Mannes bezeichnete und daher im Feminismus „den letzten satanischen Angriff auf Gott selbst“ sieht. Reden sollen unter anderem Norbert Geis, CDU-MdB und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Recht in der CDU/ CSU-Fraktion, ein Michael Jach von Focus, auch jemand von der FAZ und von der Neuen Zürcher; und neben den bereits erwähnten Filbinger (Landesvorsitzender der PEU) und Habsburg (Internationaler PEU-Präsident) auch Peter Gauweiler und Hans Graf Huyn (Criticon).

Die Ulmer „Montagsgruppe“, eine Gemeinschaft junger BürgerInnen der Donaustadt, will nicht einfach dabei zusehen, wie sich in ihrer Stadt ein Sammelsurium aus Neokonservativen, Rechten, Revanchisten und völkischen Bündlern tummelt, Feste feiert und gar mit einer „Lichterprozession“ durch die Innenstadt laufen will. Auf einer Pressekonferenz kündigte sie verschiedene Aktionen im Vorfeld des geplanten Kongresses an. So will sie unter anderem Flugblätter verteilen, in denen sie über die Gefahr aufklären will, die von dieser sich bürgerlich gebenden Organisation ausgeht. Außerdem bittet sie in einem offenen Brief an den Oberbürgermeister Ivo Gönner (SPD) und die Stadtratsfraktionen darum, jenen Kongreß doch zu unterbinden, da „es wohl nicht angehen“ könne, „daß sich dieser neokonservative Verein mit guten Kontakten ins faschistische Lager in einer städtischen Einrichtung trifft“. Die Gruppe weist eindringlich darauf hin, daß mittlerweile über 80 Organisationen kooperative Mitglieder der PEU sind, unter anderem die Sudetendeutsche Landsmannschaft und der Witikobund, in dessen Vorstand alte Nazifunktionäre dominierten.

Die Ulmer „Montagsgruppe“ weiß natürlich, wie schwer es sein wird, die Stadt davon zu überzeugen, gegen die Abhaltung des geplanten Kongresses vorzugehen. Schließlich beeilte sich die FDP- Fraktion im Stadtrat bereits mitzuteilen, daß man bedauerlicherweise wohl nichts werde tun können. Nun hoffen die Engagierten auf die regierende SPD und ihren sympathischen Oberbürgermeister, der erst unlängst anläßlich des Landesparteitages der „Republikaner“ in Ulm diesen zwar nicht verhindern konnte, sich aber doch eindeutig geäußert und verhalten hatte. Gönner habe mehrfach „klar Flagge gezeigt“.

Ob diese Hoffnung nicht eine trügerische ist? Immerhin ist Herr Gönner – zumindest laut PEJ- Programm – selbst einer der Redner des Eröffnungsabends. Philippe André

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