Bei Anruf deutscher Fahrer

Der Chef der Essener Taxizentrale, die 500 Taxen durch die Stadt dirigiert, verteidigt seinen rassistischen Kundenservice  ■ Von Hans-Hermann Kotte

Berlin (taz) – Man spricht deutsch: In Essen können sich Kunden der Taxi-Zentrale nicht nur aussuchen, ob sie einen Kombiwagen oder eine Nichtraucher- Droschke wollen. Sie können auch darauf bestehen, von einem „deutschen“ Fahrer befördert zu werden – und werden von der Essener Taxi-Autoruf-Zentrale (TARZ) auf freundlich-rassistische Weise bedient. Ausländische FahrerInnen haben dann das Nachsehen: Wenn der Deutsch-Wunsch kommt, werden sie von der Funkzentrale übergangen.

Die ausländerfeindliche Praxis der TARZ, auf die Essener Taxifahrer hinwiesen, verteidigte TARZ-Chef Albert Mertes (50) gegenüber der taz: „Wir geben nur Wünsche weiter.“ Mertes, der Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer der Genossenschaft ist, betont, daß sich immer öfter Kunden mit dem Wunsch „Bitte kein Ausländer“ an die Zentrale wenden würden. Dieser werde keineswegs abgelehnt, sagte Mertes auch der Essener Neuen Ruhr Zeitung, denn: „Es ist nicht gut für uns, wenn Kunden verlorengehen.“ Mertes vermutet sprachliche „Verständigungsprobleme“ hinter dem Kundenwünschen, mit Rassismus hat das seiner Ansicht nach nichts zu tun. Es gehe darum, „Reklamationen“ und „Fehlfahrten“ zu verhindern. Ihm sei nur ein Fall bekannt.

Das SPD-Mitglied Mertes benutzt das Argument „Verständigungsprobleme“ auch, wenn er über die Anschaffung eines neuen Taxileitsystems der TARZ spricht. Um Mißverständnisse im Funkverkehr zu vermeiden, will Mertes in Zukunft ein digitales Displaysystem anwenden, bei dem eine Daten-Anzeige im Fahrzeug in Zahlen und Buchstaben die Namen und Adressen der Fahrgäste sowie Zielorte und Sonderwünsche sichtbar macht.

Mertes sagt, daß „zwischen 20 und 25 Prozent“ der Taxifahrer seiner Zentrale Ausländer seien: „Tendenz steigend, da wird's mit der Sprache immer schlimmer.“ Interne Schulungen der TARZ, die in Essen das Funkmonopol hat und 500 der 621 Taxen durch die zehntgrößte Stadt der Republik dirigiert, sollen nun nach dem Willen von Mertes die „Verständigungsprobleme“ abbauen. Da wird sich natürlich mancher Fahrer fragen, warum es neben dem Taxischein eines zweiten „Zertifikats“ bedarf. Schließlich geht es im Taxigewerbe ja weniger um gepflegte Konversation als um Beförderung.

Essener Taxifahrer haben noch weitere Kritik an Mertes, der auch in den Vorständen des NRW-Landesverbands der Taxizentralen und des Bundeszentralverbands der Personenbeförderer sitzt. Mertes habe im vergangenen Jahr verhindert, daß Essener TaxifahrerInnen an einer Demonstration gegen Ausländerfeindlichkeit teilnehmen konnten. Die Demo war im Januar 1993 vom Taxiverband und der Daimler-Benz AG in Stuttgart organisiert worden.

Nur 350 Taxifahrer aus dem Bundesgebiet hatten sich an dem Autokorso beteiligt, während Daimler mit mindestens 1.000 gerechnet hatte. Essens Taxichef Mertes, so ein Taxifahrer gegenüber der taz, habe damals sowohl Informationen über die Demo als auch entsprechende Autoaufkleber zu spät weitergegeben.

Dazu Mertes gegenüber der taz: „Das Timing war zu knapp. Der Bundesverband hatte nicht für genügend Vorlauf gesorgt.“