■ Das Fußball-Länderspiel gegen England ist abgesagt: 1:0 für Rechtsaußen
1:0 für Skinheads, Hooligans und andere Horden, die also künftig den Terminkalender der Republik bestimmen werden. Aus Angst vor Gewalttätigkeiten ist das Fußball-Länderspiel Bundesrepublik gegen England in Berlin endgültig abgesagt worden. Daß es am Ende die Briten waren, die den Termin platzen ließen, ändert nichts daran, daß diese Absage ein ängstliches Zurückweichen vor dem rechten Mob bedeutet. Schon die Verlegung des Spiels nach Berlin war aus dieser Haltung heraus geboren.
Es ist erstaunlich, wieviel Verständnis und aktive Zustimmung all diejenigen fanden, die von Beginn an argumentierten, ein Fußballspiel am Geburtstag Hitlers sei irgendwie moralisch verwerflich. Es überrascht um so mehr, als sich unter nachdenklichen Menschen bisher eine Standfestigkeit gegenüber der rechten Aggression durchgesetzt hatte. „Ich greife ein“, steht auf Stickern und Buttons, die sich selbst schmächtige Persönchen an ihre Brust heften, und das ist gut so. Wenn es um Fußball geht, ist dies vergessen, plötzlich tickt diese Republik ganz anders. „Ich haue ab“ heißt dann die Parole.
Man wird den Verdacht nicht los, daß manche Leute ein Fußballspiel ohnehin für eine Versammlung chauvinistischer Dumpfmeier halten, die man längst hätte verbieten müssen. Dieses Ressentiment gegen den Fußball als den Nationalsport der Deutschen hat die Motivlage sicherlich mit beeinflußt. Das Datum selbst kann kein Grund für eine Spielabsage sein, sonst dürften wir an den Geburtstagen anderer Naziverbrecher und erst recht an den Tagen der Greueltaten ebenfalls nicht mehr spielen. Zu Recht wurde die Frage gestellt, an welchen Tagen Hitler und Nazideutschland eigentlich keine Verbrechen begangen hätten, welche Tage noch „unbelastet“ und damit fußballgeeignet seien.
Bleibt als Argument der Aufmarsch der Rechten, denen man mit dem Fußballspiel kein Begleitprogramm für ihre Geburtstagsfeier bieten wollte. Die Pervertierung gesellschaftlicher Veranstaltungen durch den rechten Mob kann man aber nicht durch Absagen verhindern, sondern nur durch aktive Gegenwehr. Sich dabei auf die Polizei verlassen zu müssen fällt offenbar schwer. Da ziehen es dann manche vor, den rechten Schlägertrupps den Triumph zu überlassen, daß die Gesellschaft vor ihnen zurückweicht.
Damals mußten unsere Eltern am Geburtstag des „Führers“ in den Schulen strammstehen und seine Vita auswendig lernen. Heute ehrt man Hitler, indem man Fußballspiele absagt. Manfredo
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