■ Mit Laos auf du und du: Brückenschlag
Vientiane/Berlin (AFP/taz) – Wenn der thailändische König Bhumibol und die Führung der Demokratischen Volksrepublik Laos heute feierlich die „Brücke der Freundschaft“ über den Mekong eröffnen, geben sie damit den ersten Grenzübergang zwischen den beiden Staaten für den Verkehr frei. Nach Ansicht westlicher Diplomaten ist das Bauwerk aus Beton vor allem ein Symbol für den wirtschaftlichen Reformkurs von Laos. Seit dem Zusammenbruch des großen kommunistischen Bruders Sowjetunion hat sich das Land zur Marktwirtschaft hingewendet.
Aber die Brücke verkörpert auch die Interessen des thailändischen Nachbarn an dem kleinen Binnenland. Thailand war mit Abstand der erste ausländische Investor in Laos. 1993 flossen über 61 Millionen Dollar (103 Millionen Mark) über die Grenze. Thailand ist auch der wichtigste Handelspartner von Laos. In privater Runde verbergen Mitglieder der laotischen Führungsriege nicht ihre Befürchtung, daß Laos mit Leib und Seele von dem thailändischen Vetter verschluckt werden könnte, mit dem das Land die buddhistische Religion und die Sprache teilt.
Eingezwängt zwischen Thailand, China, Vietnam und Birma, wird dem 4,4 Millionen Einwohner zählenden Staat jedoch kaum eine andere Wahl bleiben, als die von Ex-Präsident Kaysone Phomvihane, dem verstorbenen Gründer der kommunistischen Guerillabewegung Pathet Lao, 1992 eingeleiteten Wirtschaftsreformen fortzusetzen. Das Land ist arm und isoliert, das jährliche Pro- Kopf-Einkommen liegt bei gerade einmal 200 US-Dollar. Es herrscht Mangel an Facharbeitern und Führungspersonal.
Aber man hofft auf ausländische Investoren. Die Gegner von einst, Frankreich und die USA, kehren langsam zurück. Laos hat die liberalste Investitionsgesetzgebung ganz Indochinas. Die Inflationsrate sank von 85 Prozent 1989 auf 7 Prozent im vergangenen Jahr. Bei sieben Prozent lag 1993 auch das Wirtschaftswachstum. Neben dem Export von Edelhölzern beginnt der Textilsektor sich zu entwickeln. Auch hier sind es vor allem Thailänder, die investieren. Für sie ist Laos ein Billiglohnland.
Die Regierung in Vientiane hofft nun vor allem auf den Ausbau des Energiesektors: Mit Strom aus Wasserkraft ließen sich die Exporteinnahmen kräftig steigern. Vorläufig allerdings fehlt das Geld dafür. Zudem erwarten die Laoten einen kräftigen Anschub durch den geplanten Ausbau einer Straße von China im Norden bis hin nach Birma und Thailand im Süden. Die Brücke über den Mekong soll nicht nur die Isolation des kleinen Staates aufbrechen. Sie könnte sich auch zu einem neuen Knotenpunkt im Handel einer der wirtschaftlich dynamischsten Regionen der Welt entwickeln. lieb
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