: „Grundsicherung“ für Kinder?
■ SPD streitet um neue Sonderabgabe, die das Kindergeld ersetzen soll / Parteispitze dementiert „Kinderkasse“
Bonn (AP/AFP) – Merkelt's bei den Sozis? Der SPD-Vorstand hat einen Bericht der Bild-Zeitung zurückgewiesen, nach dem die Partei eine Sonderabgabe für alle Bürger zur Finanzierung eines erhöhten Kindergeldes plant. Ähnliches hatte unlängst die CDU-Jugendministerin Merkel vorgeschlagen („Kindersteuer“) und war damit bei den Christdemokraten abgeblitzt. Zwar gebe es solche Diskussionsvorschläge innerhalb der Sozialdemokratie, doch sei diesen im Rahmen der Arbeit am Regierungsprogramm „eine klare und unmißverständliche Absage erteilt worden“, erklärte Parteisprecherin Dagmar Wiebusch.
Die Meldungen über eine geplante „Kinderkasse“ seien „frei erfunden“. Ein Sprecher der Bundestagsfraktion sprach von einer „Denkstudie“.
Die Bild-Zeitung hatte unter Berufung auf ein internes Papier aus der SPD-Bundestagsfraktion berichtet, daß langfristig an die Schaffung einer Kinderkasse gedacht sei, in die alle Einkommensbezieher fünf Prozent ihres Bruttoentgelts einzahlen müßten. Das Kindergeld solle nach diesen Plänen unabhängig von Einkommensgrenzen auf 600 Mark pro Kind erhöht werden. In dem Papier heißt es laut Bild: „Ziel der Kinderkasse ist die sozial gerechte Verteilung kinderbedingter Kosten zwischen Personen mit Kindern und Kinderlosen.“
Die SPD-Familienpolitiker Michael Habermann und Hildegard Wester bekräftigten dagegen den Vorschlag, langfristig für Kinder ein System der finanziellen Grundsicherung einzuführen: „Wir planen keine Strafsteuer für Kinderlose, sondern den Einstieg in einen wirklich gerechten Kinderleistungsausgleich. Das System kann aber erst in der übernächsten Legislaturperiode eingeführt werden.“ Ein erster Schritt solle die „kräftige Erhöhung des Kindergeldes auf 250 Mark“ sein.
Nach Berechnungen der beiden SPD-Familienpolitiker wären für die Grundsicherung von 600 Mark pro Kind rund 120 Milliarden Mark jährlich erforderlich.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Rüttgers, sagte dazu, die SPD plane aus Angst vor einer Niederlage bei der Bundestagswahl im Herbst „immer größere Wahlgeschenke“ und wolle „hemmungslos abkassieren“. Vorschläge für eine Kinderkasse im Volumen von 120 Milliarden Mark seien „unseriös, unfinanzierbar und zeugen von einer völligen programmatischen Konfusion“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen