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Aus den Niederungen des FußballsportsDie Leiden des SC Victoria oder eine Mülltonne auf der Bank

■ Die Einführung der neuen Amateur-Oberligen sorgt für mächtig harten Einsatz auf den Verbandsliga-Sportplätzen Hamburgs und Schleswig-Holsteins

Die Einführung der neuen Oberliga Hamburg / Schleswig-Holstein hat dem bislang eher langweiligen Saisonverlauf in der Verbandsliga neuen Schwung gegeben. Jetzt liegen bei Mannschaften, die eigentlich nur noch „just for fun“ gegen den Ball traten, wieder einmal die Nerven blank.

Bestes Beispiel war am Donnerstag die Partie zwischen dem SC Langenhorn und Bergedorf 85. Die beiden Mittelfeldspieler Thomas Gleixner (SCL) und Sven Pinz lagen sich buchstäblich in den Haaren. Als nicht klar war, für wen Schiedsrichter Ehrlich einen Einwurf gegeben hatte, prügelten sich die beiden 30 Sekunden lang um den Ball. Leichter Punktsieger: Gleixner. Doch dies konnte Pinz, der bezeichnenderweise den Spitznamen „Mucki“ (nach dem dreifachen Mörder im Polizeipräsidium) trägt, mit seinen gefürchteten Grätschen wieder wettmachen.

Letztlich blieben die Punkte aber in Bergedorf. Und das nach einer 2:0-Führung der Langenhorner (beide Tore: Müller). Matthias Rauls (2) und Marek Trejgis, der in der Schlußminute traf, bogen das Spiel aber noch um und sorgten für neues Selbstbewußtsein an den Sander Tannen. „Jetzt wollen wir auch in die Aufstiegsrunde“, verkündete Trainer Manfred Lorenz selbstbewußt, während Elard Ostermann mit seinen Gedanken noch beim ( ziemlich harten) Spiel war: „Ich bin froh, daß wir hier nie wieder spielen müssen...“

Antreten muß dafür morgen der SC Victoria beim VfL Pinneberg. In Pinneberg herrscht nach 9:1-Punkten in Folge wieder eitel Sonnenschein. „Ich verstehe gar nicht, warum die Mannschaft in der Hinserie so schlecht stand“, kann sich der neue Trainer Manfred Kirsch einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen. Wesentlich mehr Probleme bei seinem neuen Verein hat Thomas Bliemeister, der seit einer Woche bei Victoria Trainer ist. Normalerweise fährt er gern nach Pinneberg, hat er dort doch drei Jahre lang den dortigen Verein für Leibesübungen betreut und als Spitzenteam übergeben. Doch wenn ihn morgen nachmittag die Vergangenheit einholt, kann der ehemalige HSV-Profi nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.

Gerade elf gesunde Spieler stehen ihm zur Verfügung, darunter zwei Torhüter. „Eigentlich könnte Victoria auch eine Mülltonne auf die Bank setzen, die könnte genauso viel ausrichten wie ich“, schwant Bliemeister Böses. Schon allein die Suche nach Hilfe gestaltet sich für Bliemeister schwierig. Am letzten Montag waren zwei Spieler aus der zweiten Mannschaft zum Punktspiel gegen Condor eingeladen - beide erschienen nicht. Am Mittwoch sollten drei Spieler aus der „Zweiten“ mittrainieren - einer kam gar nicht, ein anderer erklärte, daß er am Sonntag keine Zeit hätte, weil er mit seiner Familie zum Essen eingeladen worden ist. Wo ist nur die schöne Zeit der Idealisten geblieben...?

Und was macht das allgemeine Hamburger Oberliga-Desaster am Wochenende? Es spielt mal wieder um Punkte. Und zwar um „lebensnotwichtige“ (wie Hoisdorf-Coach Gerd-Volker Schock so gern sagt) Zähler.

Neben dem Bundesliga-Nachwuchs-Duell Hamburger Sport Verein gegen Werder Bremen (So., 15 Uhr, Rothenbaum) steht der Abstiegskampf des SV Lurup im Mittelpunkt. Diesmal soll das „Opfer“ der heimschwächsten Mannschaft der Verein für Leibesübungen aus Osnabrück sein. Der kommt mit den ehemaligen St. Paulianern Fred Klaus und Carsten Surmann und mit der Hoffnung auf die Aufstiegsrunde. „Das 1:5 gegen den VfB Lübeck ist abgehakt - wir schaffen den Klassenerhalt“, ist sich SVLurup-Trainer Dietmar Demuth sicher. Zumal erstmals seit Wochen kein einziger Spieler gesperrt ist. Selbst auf der Ersatzbank (und nicht nur im VIP-Raum) herrscht somit Gedränge.

Nobby Siegmann

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