Bonn apart
: Urnen-Pädagogik

■ Super: Staatsbürgerkunde 1994

Weil schon viele gar nicht mehr hingehen wollen, stellt das „Superwahljahr“ Superansprüche und verlangt Superleistung – nicht nur von Journalisten und Politik, sondern auch von den MitarbeiterInnen der Bundeszentrale für politische Bildung.

Schließlich müssen die Millionen Wahlberechtigten aufgeklärt werden, wie das alles funktioniert, wann es losgeht und wer oder was überhaupt erlaubt ist. Denn ihre Arbeit versteht die von den Altparteien dominierte Bundeszentrale als „demokratische Schutzimpfung gegen Radikalismus“.

Die Öffentlichkeitsarbeiter haben sich hingesetzt und für verschiedene Zielgruppen Material produziert: Für alle gibt es „Informationen zur politischen Bildung“ mit dem Titel „Wahlen 94“. Das Titelblatt erinnert in seiner müden Farbigkeit zwar stark an ein Original- DDR-Druckerzeugnis, aber das liegt wohl daran, daß der Bundeszentrale das Geld gekürzt wurde.

Die Materialschlacht im Superwahljahr muß aus dem laufenden Sachmitteletat bestritten werden, und der ist 20 Millionen Mark kleiner als noch vor zwei Jahren. Von dem 24-Seiten-Blättchen sollen 1,25 Millionen Exemplare verbreitet werden. Am Rande ist die Broschüre durchgängig rot angefärbt, was kommenden politischen Entwicklungen schon Rechnung trägt.

Daß neben Druckwerken von CDU, SPD, Grünen und FDP auf dem Titelblatt einer Arbeitshilfe („Wahlanalyse und Wahlprognose“) keine PDS- Broschüre abgebildet ist, obwohl es grundsätzlich um alle im Bundestag vertretenen Parteien geht, das hat angeblich nur die eine Ursache: Das Foto sei alt und stamme von vor 1990 ... Und in den „Informationen zur politischen Bildung“ wiederum ist die PDS beim Programmvergleich schließlich dabei. Die „Republikaner“ bleiben außen vor.

Verschickt wird ferner ein Poster („Personen, Parolen, Plakate“): Der Wandschmuck zeigt in einem historischen Rückblick Wahlplakate der Parteien seit 1949. Bestellen dürfen Interessenten auch zwei Wandzeitungen, eine über Wahlsysteme in der Bundesrepublik, eine über Europawahlen und die Europäische Union. Schön bunt, schön groß und laut Bundeszentralen-Vize Hans- Jürgen Beerfeltz dazu gedacht, an Orten aufgehängt zu werden, wo Menschen lange warten müssen. Ob er dabei etwa ans Arbeitsamt gedacht hat? Hans Monath