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Nächtlicher Kampf um den Biblis-Einschaltknopf

■ Wie RWE den nach einem Störfall abgeschalteten Reaktor wieder anfahren wollte und in letzter Sekunde vom hessischen Umweltministerium gestoppt wurde

Biblis/Essen/Berlin (dpa/AP/ taz) – Das hessische Umweltministerium hat in der Nacht zum Freitag mit juristischen Schritten verhindert, daß der störanfällige Atomreaktor Biblis A wieder ans Netz geht. Nach dem Willen der Betreiberfirma RWE sollte der Reaktor gestern früh zwischen vier und fünf Uhr wieder kritisch gemacht werden. Der Reaktorblock ist seit dem 23. März abgeschaltet, nachdem ein Leck in der Kühlwasserleitung entdeckt worden war, verursacht durch eine chlorhaltige Flüssigkeit, aus dem radioaktives Wasser im Primärkreislauf ausgetreten war.

RWE bezeichnet das Vorgehen der hessischen Regierung als „rechtsstaatswidrig“ und kündigte eine Schadensersatzklage in Millionenhöhe an. Die Sprecherin des Umweltministeriums, Renate Gunzenhauser, erklärte dagegen die Gründe für das Verbot, den Reaktor jetzt schon wieder ans Netz gehen zu lassen: Der TÜV habe bei seiner Untersuchung des Störfalls vom 23. März an zwei weiteren Stellen Chlorid im Isoliermaterial von Rohren gefunden. Ob dieses Chlorid nicht auch die Rohre angegriffen habe, müßten erst weitere Untersuchungen ergeben. Wenn RWE schon vor Abschluß der Analysen den Reaktor wieder anfahren wollte, sei das unverantwortlich. Bei RWE meint man dagegen, das am Donnerstag vorgelegte TÜV-Gutachten sei befriedigend ausgefallen. Das Chlorid sei eben nur im Isoliermaterial gefunden worden, und daß es auf die Rohre durchgeschlagen sei, sei auszuschließen.

Am Donnerstag hatte der Stromkonzern erklärt, das Leck sei vollständig repariert und die Ursache dafür – ein undichter Abfluß, aus dem chlorhaltige Flüssigkeit auf das Rohr getropft war – sei beseitigt. RWE klagte zugleich beim hessischen Verwaltungsgericht gegen die Anordnung des hessischen Umweltministeriums, den Reaktor nicht ohne deren Genehmigung in Betrieb zu nehmen. Die Anordnung war nicht mit Sofortvollzug versehen gewesen, so daß die RWE-Klage das Anfahren des AKWs zunächst ermöglichte. Doch noch in der Nacht, um drei Uhr, beantragte das Umweltministerium den Sofortvollzug, und damit hatte die Klage vor dem Verwaltungsgericht keine aufschiebende Wirkung mehr.

Laut Gunzenhauser ist es noch unklar, wie das Chlorid an die Edelstahlleitungen kommen konnte. Möglicherweise sei chlorhaltiges Löschwasser dafür verantwortlich. Am 4. März hatte nach einem Kurzschluß ein Elektromotor im innersten Sicherheitsbereich des Reaktors Feuer gefangen. Bei der Brandbekämpfung wurden mehrere Tonnen Löschwasser eingesetzt. lieb

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