: Schluß mit der „Männerbündelei“?
■ Wissenschaftssenator darf im „Fall Brodsky“ vorerst keinen Mann berufen / Scharfe Kritik im Ausschuß an Erhardt
Der selbsternannte Frauenförderer bekommt Gegenwind. Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) darf nach einer gestern ergangenen einstweiligen Anordnung des Verwaltungsgerichts zunächst keinen Mann als Professor für „Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft“ an der Freien Universiät einstellen. Erhardt verstoße sonst gegen das Landesgleichstellungsgesetz (LGG). Er hatte an einer auf Platz eins der Berufungsliste gesetzten Frau vorbei einen Mann berufen wollen. Die Berufungsverhandlungen des Zweitplazierten, Gert Mattenklott, die morgen beginnen sollten, liegen damit auf Eis. Damit wird das frauenpolitisch fortschrittliche Berliner LGG voraussichtlich vor Gericht auf seine Wirksamkeit überprüft. Voraussetzung ist allerdings, daß die mißachtete Bewerberin für die Germanistik-Professur, die US- Amerikanerin Claudia Brodsky, das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auch in der Hauptsache durchsetzen will. Das sei noch nicht sicher, sagte die Frauenbeauftragte der FU, Christine Färber, am Rande einer Sitzung des gestrigen Wissenschaftsauschusses, der sich ebenfalls mit dem „Fall Brodsky“ befaßte.
Auch im Abgeordnetenhaus mußte sich der Wissenschaftssenator scharfe Kritik gefallen lassen. Erhardt solle erklären, von wem und warum er an den zuständigen Gremien der Universität vorbei Informationen über die angeblich schlechtere Qualifikation von Frau Brodsky eingeholt habe. Das forderte der wissenschaftspolitische Sprecher der SPD, Bert Flemming. Alle Uni-Gremien hatten die Frau auf Platz eins gesetzt. Die Grünen- Abgeordnete Sybille Volkholz sagte dazu, es müsse endlich Schluß sein mit der „Männerbündelei an der Universität“.
Erhardt erklärte im Ausschuß, der berufene Mann sei „eindeutig der beste Bewerber“, und begann die Zahl seiner Publikationen mit der von Claudia Brodsky zu vergleichen. Bert Flemming kritisierte dies als Verstoß gegen die vertrauliche Behandlung von Personalangelegenheiten. Daraufhin wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen.
In einer zeitweise heftigen Debatte wurde dem Wissenschaftssenator vorgehalten, zum wiederholten Mal die Berufung von Frauen abgelehnt zu haben. Das widerspreche der jeweiligen fachlichen Qualität der Frauen. Vor allem aber verstoße der Senator gegen eigene Bekundungen, er wolle Frauen bevorzugt auf C-3- und C-4-Professuren berufen, wo bislang ein Frauenanteil von rund vier Prozent herrscht. Sybille Volkholz sagte, der Senator solle die jetzt gebotenen Chancen nutzen, qualifizierte Frauen zu berufen, oder aufhören, sich als Frauenförderer zu bezeichnen. cif
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