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■ Rosi Rolands wahre GeschichtenFrauenpolitik als Ausschuß

In Bremerhaven ticken die Uhren einfach anders. Nicht nur, daß in der kleinstmöglichen Großstadt Fische vor allem an Land zu finden sind oder daß dort eine Schleuse für viele Millionen neu gebaut werden soll, die für die Schiffe, die sie einmal passieren wollen, ein paar Meter zu kurz ist. Jetzt soll in Bremerhaven auch noch die Frauenpolitik zur Männersache erklärt werden.

Angefangen hatte alles damit, daß vor einigen Wochen die PolitikerInnen in Bremens kleiner Schwester erstmals feststellten, daß es so etwas wie Frauenpolitik überhaupt gibt. Um der neuen Erkenntnis auch gleich Taten folgen zu lassen, beantragten die Grünen in der Stadtverordnetenversammlung die Einrichtung einer Frauenkommission. Sie sollte der Leiterin der Bremerhavener Gleichstellungsstelle, Hilde Adolf, zugeordnet werden und Vorschläge im Interesse von Frauen an die Stadtverordneten weitergeben.

Zwar hatte dieser Vorschlag auch den Segen der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) gefunden, doch nicht die Gnade der leitenden Herren der gleichnamigen Partei. Denn Hilde Adolf, da waren sie sich einig, dürfe nie und nimmer Einfluß haben. Doch völlig abbügeln konnte man die Sache auch nicht mehr. Also änderte Mann den Namen der „Kommission“ in „Beirat“ und legte das ganze in sichere Hände. Nämlich in die des Dezernenten für Jugend und Familie, Melf Grantz.

Doch auch für diesen Vorschlag fehlte am Ende die Mehrheit. Denn die fünf weiblichen SPD-Stadtverordneten verweigerten die Zustimmung, und von der CDU kam ein dritter Vorschlag: Der Ort für Bremerhavens Frauenpolitik solle weder „Kommission“ noch „Beirat“ heißen, sondern – nomen est omen – „Ausschuß“. Vorsitzender wäre wiederum Melf Grantz.

Und noch einen peinlichen Schönheitsfehler hätte die Ausschuß-Idee, diesmal allerdings nicht für CDU und SPD. In den „Ausschuß“ könnten die Bremerhavener Fraktionen nämlich lediglich Stadtverordnete entsenden. Und dabei sähen DVU, FDP und Grüne gar nicht gut aus. Allen drei Fraktionen ist in Fischtown nämlich eins gemeinsam: Sie bestehen nur aus Männern.

Deutschlands einzige Stadt, in der Frauenpolitik nur von Männern gemacht wird, damit könnte Bremerhaven doch Furore machen, findet Rosi Roland

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