: Die Technische Uni ohne ihr „U“
■ Mit der Lehrerbildung verlöre die TU ihre Idee von 1945
Die Studierenden auf ein Lehramt haben es, nicht nur an der Technischen Universität, schwerer als ihre Kommilitonen. Die Probleme der Hochschulen treten hier verschärft auf: EinE angehendeR LehrerIn hat mit fünf verschiedenen Studienordnungen zu kämpfen, wo andere Studierende schon mit einer nicht zurecht kommen. Ihre Prüfungen müssen sie nicht bei ihren ProfessorInnen, sondern beim Wissenschaftlichen Landesprüfungsamt bestehen – eher ein Lottospiel als eine wirkliche Leistungskontrolle. Sie sehen sich mit HochschullehrerInnen konfrontiert, die sich schon um ihre FachstudentInnen kaum kümmern; die dazwischengewürfelten LehramtskandidatInnen ignorieren sie einfach. Das geht so weit, daß die Chemielehrerausbildung abgewickelt werden soll, obwohl gerade die naturwissenschaftlich-technische Ausrichtung für das Profil der TU entscheidend ist. Aber die zentralen Gremien sehen sich nicht in der Lage, diese gegen die an Boykott grenzende Haltung der Professoren (hier fehlt kein I) des Fachbereiches fortzuführen. Dabei sind ein Drittel der ErstsemestlerInnen Lehramtskandidaten, von denen aber nicht wenige abspringen im Laufe der Zeit. Warum aber bemüht sich die TU überhaupt noch, die Lehrerbildung zu halten? Immerhin hat sich der Akademische Senat mit großer Mehrheit über die Fraktionsgrenzen hinweg für den Erhalt der Lehrerbildung an der TU ausgesprochen. Die Antwort ist einfach: Geld oder genauer Lehrkapazitäten. Die TU könnte sich ihre Geisteswissenschaften gar nicht leisten ohne die angehenden Lehrer, die dort häufig den größten Teil der Studierenden bilden. Auch wenn nur noch Studienräte (Gymnasiallehrer) und Lehrer mit beruflicher Fachrichtung (Berufsschullehrer) ausgebildet würden, ginge die Rechnung nicht auf. Aber gerade in den Geisteswissenschaften beklagen die angehenden LehrerInnen häufig mangelndes Engagement. Eine Arroganz gegenüber der immer noch nicht wirklich integrierten Pädagogischen Hochschule, die die TU ihr U kosten könnte. Wenn die TU auch weiterhin Universität bleiben will, dann wird sie gezwungen sein, mehr in die Lehrerbildung zu investieren. Die Kombination von technischen und planerischen mit den Natur- und Geisteswissenschaften soll ja das Profil der Technischen Universität bilden – das war die Idee der Neugründung der Technischen Hochschule als Universität nach 1945. Ein erster Schritt ist mit der Einrichtung eines Studienbüros für die Lehramtskandidaten getan worden. Das Büro soll sich speziell um deren Probleme kümmern und die Organisation der Lehre unterstützen. Daß hartnäckiges Kämpfen um ein besseres Studium sich lohnen kann, zeigt das Beispiel der angehenden BerufsschullehrerInnen. Sie haben sich in den letzten Jahren zwei Professoren für Fachdidaktik an Land gezogen und eigene Veranstaltungen für Mathematik und Physik etabliert; fast alle ihrer Studienordnungen haben sie reformiert. Arnold Frese
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