■ Schöner leben: Die Pfannenheilige
Nichts ist peinlicher als kleinere Glossen mit dem Halbsatz „Wer mich kennt...“ anzufangen. Nichts ist degoutanter als sich zu brüsten: „Ich habe zuviel Geld“. Der nun folgende doppelte Sündenfall würde normalerweise mit einem publizistischen Karriereknick und anhaltendem Schnorrerbesuch geahndet. Aber es ist für einen guten Zweck!
Wer mich kennt, wird sich wundern, von mir zu vernehmen: „Ich habe zuviel Geld.“ Doch so ist es. Das merkt man daran, daß ich neuerdings durch Fußgängerzonen streife auf der Suche nach einer beschichteten Pfanne. Für fettreduzierte Kost. Besonders nach Weihnachten und Ostern. Wer zuviel Geld hat, ißt zuviel, braucht dann eine fettreduzierende Pfanne, und natürlich: eine Markenpfanne.
Reden wir nicht drumherum: eine Fissler. Geben wir weiter zu: Horten. Sprechen wir sie an: die Fissler-Fachberaterin. „Ich brauche eine beschichtete Pfanne.“
Sie ist blond, zierlich, dezent modisch gekleidet und hat so gar nichts von einer Pfanne. Doch man täuscht sich. Sie ist vom Fach. Sie kennt die Blöße und stößt zu, mit einer Fangfrage: „Wollen Sie Teigwaren braten oder Fleisch?“ – „Sowohl als auch“, kontere ich, selbstsicher, wie nur Dumme sind. Da kommt es wie ein Gewitter über mich, und es tost und rüttelt und schmettert mich nieder, und ich erhalte eine Lektion über die Grundlagen der Kochkunst. Benommen erfahre ich, daß Fleisch selbstredend nach einer Edelstahlpfanne verlangt, während Gemüse und Nudeln auch in der beschichteten Pfanne schmoren können. Können. Der verletzend herablassende Tonfall scheint nicht allein mir, sondern auch der Beschichtung zu gelten. Eigentlich schlägt ihr Herz nämlich für Gußeisen.
Zweihundert Mark bin ich bereit, für eine Pfanne plus Deckel zu lassen. Doch die Fissler-Fachverkäuferin kennt keine Gnade: mindestens zwei, im Grunde genommen sogar drei Pfannen müssen es sein. „Lassen Sie es sich noch einmal durch den Kopf gehen. Und sprechen Sie mit Ihrer Frau!“ ruft sie mir nach. Ich taumele aus dem Geschäft.
Die Fissler-Fachverkäuferin bei Horten gehört gepriesen, daß es kracht: Eher ließe sie Horten in den Konkurs stürzen als mich eine falsche Pfanne kaufen. Eine Heilige! Für sie würde ich sogar einen Brief mit „Ich“ anfangen. Burkhard Straßmann
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