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Die Verantwortung des taz-Vorstandes

■ Warum Michael Sontheimer als Chefredakteur abberufen wurde

Michael Sontheimer hat als alt- erfahrener tazler und Zeit-Auslandsreporter vor zwei Jahren in einer besonders schwierigen Lage die Chefredaktion der taz übernommen: In einer akuten Finanzkrise hatte sich die Belegschaft der taz über die Frage zerstritten, ob die Zeitung an einen finanzkräftigen Verlag übergeben werden sollte oder ob der Versuch gewagt werden könnte, in einem Genossenschaftsmodell mit dem Kapital der LeserInnen die Selbständigkeit der Zeitung zu erhalten. Viele RedakteurInnen hatten die erstere Lösung favorisiert, eine Zweidrittelmehrheit der MitarbeiterInnen entschied sich aber für das Genossenschaftsmodell.

Daß die Redaktion danach schnell wieder arbeitsfähig wurde, war auch dem Einsatz von Michael Sontheimer zu verdanken. Er setzte das neue Layout der taz durch, publizistische Strategien wie die Reportageseite oder die Ökonomie-/Ökologie-Seite gehen auf seine Initiative zurück. Er hatte sich in seiner täglichen Arbeit auch damit auseinanderzusetzen, daß die Redaktion der taz als wilder Haufen zu arbeiten gewohnt war, daß sie ihre Erwartungen an eine „Chefredaktion“ aber erst einmal sortieren mußte. Grundsätzliche Diskussionen um die Arbeitsweise der Chefredaktion bestimmten über Monate das taz-interne Bild, das konnte nicht anders sein. Der Vorstand hat die Chefredaktion über lange Zeit unterstützt.

Der Vorstand der taz-Genossenschaft mußte nun aber feststellen, daß die internen Konflikte zwischen Redaktion und dem Chefredakteur Sontheimer an einem toten Punkt angekommen waren. Das ist kein Vorgang von heute auf morgen, aber die förmliche Feststellung der Tatsache kann nur von heute auf morgen passieren. Wenn Außenstehende jetzt über unser Handeln überrascht sind, müssen wir um Verständnis für die personalpolitische Diskretion bitten. Für den Vorstand der taz-Genossenschaft wurde auf seiner letzten Sitzung am 15.4. 1994 deutlich, daß mit den Veröffentlichungen in der Ausgabe vom 16.4. der Bruch nicht mehr zu kitten war und für alle LeserInnen offenbar werden würde. Nach Beratungen mit Sontheimer und mit dem Redaktionsausschuß mußte der Vorstand davon ausgehen, daß der Bruch nicht mehr zu heilen sein würde. In dieser Lage wollte er sich nicht aus seiner Verantwortung stehlen und das Problem auf die lange Bank schieben, weil dies nur zur weiteren „Demotivierung“ beigetragen hätte. Klaudia Brunst,

Andreas Bull, Michael Rediske, Karl-Heinz Ruch,

Klaus Wolschner

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