: Genossinnen gehen auf Windfang
■ Ökologische Geldanlage für Frauen in Dithmarschen
Berlin (taz) – „Windfang“ – der Name ist Programm. Heute findet in Hamburg die jährliche Vollversammlung einer Genossinnenschaft statt, die in die Tat umsetzen möchte, was meist nur als „Energiewende“ auf dem Papier steht. Zugleich soll sich das Projekt auch wirtschaftlich lohnen. Die 91 Mitglieder der „FrauenEnergieGemeinschaft“ wollen ein Windkraftwerk im schleswig-holsteinischen Dithmarschen bauen.
„Unser Ziel ist es, die Anlage noch in diesen Jahr ans Netz zu bringen“, sagt Vorstandsmitglied Telse Mumm. 426.000 Mark haben die Genossinnen selbst zusammengebracht, für den Rest stellt die Ökobank Frankfurt einen Kredit zur Verfügung. 1,1 Millionen Mark kostet das Windrad inklusive Fundament, Aufstellung und Gebühren. Das Grundstück ist bereits gepachtet, der Kaufvertrag für die Windkraftanlage unterschrieben. Jetzt fehlt nur noch die Baugenehmigung.
Elf Frauen gründeten im Mai 1992 die Genossinnenschaft als praktizierte Energiewende und ökologische Geldanlage – und als Alternative zu den männerdominierten Strukturen gerade in den Bereichen der Technik. Die Initiatorinnen arbeiten in naturwissenschaftlichen Bereichen, als Elektro- oder Umwelttechnikerinnen, Physikerinnen und Maschinenbauerinnen. Mittlerweile beteiligen sich auch Frauen aus anderen Berufsrichtungen. Weitere Genossinen sind erwünscht. Bei einem Eigenkapital von 600.000 Mark nämlich wäre der Kredit billiger. Ein Anteil kostet 3.000 Mark.
Auf dem Dithmarscher Weideland soll eine dreiflügelige Windkraftanlage aufgestellt werden. Die Arbeitsgemeinschaft „Ökologie“ prüfte die Umweltverträglichkeit verschiedener Bauarten, sowohl was die verwendeten Materialien als auch was den Betrieb des Kraftwerks angeht. Mit Leistung und Wirtschaftlichkeit war die Arbeitsgruppe „Anlagenprojektierung“ befaßt. „Wir haben uns schließlich für eine Anlage entschieden, die nicht häßlich ist und leiser als die anderen“, sagt Mumm. Der „Windfang“-Favorit bringt es bei Windstärke fünf auf 98 Dezibel Schalleistungspegel. In zehn Metern Entfernung entspricht dieses Geräusch der mittleren Lautstärke eines Fernsehers. Eine Gefahr für Vögel, wie sie viele Windkraftgegner heraufbeschwören, bestehe nicht, so Mumm. Das sei mittlerweile hinlänglich durch Gutachten belegt.
Die Anlage soll etwa eine Million Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugen. Das ist genug für etwa 400 Haushalte. Der Strom wird in das Netz des regionalen Energieversorgungsunternehmens „Schleswag“ eingespeist und kostet dann 16 Pfennig pro Kilowattstunde.
Wenn die Anlage erst am Netz ist, rechnen die Genossinnen mit einer Rendite von mindestens vier Prozent. Da die Schleswig-Holsteiner Regierung Landesförderung in Aussicht gestellt hat, könnten es noch mehr werden.
Heute wollen die Windfängerinnen vor allem darüber beraten, ob und welche neuen Projekte ins Auge gefaßt werden. Denn bei dem Windkraftwerk in Dithmarschen soll es nicht bleiben. Zwei weitere haben auf dem Gelände noch Platz, und auch andere Projekte wie Blockheizkraftwerke wurden bereits angedacht. Corinna Raupach
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