: Ein kleiner Vermögenspark
■ Die Alliierten hinterlassen nicht nur Wohnungen, sondern auch Kultur- und Freizeiteinrichtungen / Die weitere Nutzung der Schwimmbäder ist vielfach ungeklärt
Die Alliierten packen ihre Koffer, räumen bis zum Herbst Häuser und Kasernen. Von einst 12.000 amerikanischen, britischen und französischen Soldaten in Westberlin ist ein Großteil bereits mit ihren Familien in die Heimat zurückgekehrt. Was sie hinterlassen, ist ein ansehnlicher Vermögenspark, der nun Stück für Stück übergeben wird. Kernstück sind rund 6.300 Wohnungen, von denen sich die Alliierten allerdings 500 für die Angehörigen ihrer zukünftigen diplomatischen Vertretungen reservieren ließen. Der Restbestand wird für den Bund durch die Oberfinanzdirektion (OFD) in Berlin verwaltet. 1.800 Wohnungen sollen den Bundesbediensteten zur Verfügung gestellt werden, der OFD liegen bereits 3.200 Anträge vor. 400 werden zur Zwischennutzung an Unternehmen wie BMW, Rolls Royce oder dem Deutschen Rote Kreuz vermietet.
Noch völlig offen ist, ob Berliner Wohnungsbaugesellschaften einen Großteil der verbleibenden 3.600 Wohnungen für eine befristete Zeit übernehmen. Der Umzug der Bonner Beamten ab 1998 und das deutsche Mietrecht setzen enge Grenzen: Nach vier Jahren müßte den Mietern von den Wohnungsbaugesellschaften entsprechender Ersatz angeboten werden. „Alles ist noch im Fluß“, meint OFD-Sprecher Helmut John. Ein Knackpunkt versprechen auch die Verhandlungen zwischen Bund und Land über einen Wertausgleich zu werden: Viele der auf landeseigenen Flächen errichteten Gebäude wurden unter dem alliierten Hoheitsrecht mit Bonner Geldern errichtet.
Trotz der offiziellen Bekundungen deutsch-alliierter Freundschaft pflegten die Schutzmächte in Berlin eine weitgehende Autarkie. Ihre Siedlungen, ob die Cité Pasteur oder die an der Clayallee, ähnelten mit ihren Einkaufsläden, Kirchen und Kinos einem Stück Frankreich, Großbritannien oder USA. Die Gewerbestandorte der Alliierten wird der Bund nach der Übergabe, die im Herbst abgeschlossen sein soll, öffentlich ausschreiben. Für das britische Einkaufszentrum in Spandau, das auf dem Gelände des abgerissenen alliierten Kriegsverbrecher-Gefängnisses errichtet wurde, erhofft sich die OFD hiesige Supermarktketten als Nachfolger. Weitaus schwieriger ist die Vergabe der Kultur- und Freizeiteinrichtungen. Im Angebot der OFD steht das britische Kino am Theodor-Heuss- Platz, für das die Betreiber des „Eiszeit“ bereits ihr Interesse bekundet haben. Das „Outpost“ der US-Streitkräfte soll zur Außenstelle des „Deutschen Historischen Museums“ werden; dagegen wehren sich allerdings die Kommunalpolitiker. Der Bezirk Zehlendorf möchte statt dessen lieber die Stätte als Kultureinrichtung nutzen. Als Problemfall gilt bei der OFD nicht nur das Kino „L'Aiglon“, das am Kurt-Schumacher- Damm liegt und nur schwer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist. Sorgen bereitet auch die Zukunft der alliierten Schwimmbäder. Nicht zuletzt der jüngste Beschluß des Senats, die öffentlichen Hallen- und Freibäder zu privatisieren, könnte sich als Hemmnis erweisen. Denn kein Schwimmbad, so Johns Erfahrung, „trägt sich so ohne weiteres privatwirtschaftlich“. Immerhin verzichtete der Bezirk Steglitz auf den geplanten Neubau eines Bades und will nun dafür ein Hallenbad in den Andrews-Barracks der US-Truppen übernehmen.
In Ostberlin übernahm die OFD insgesamt 1.022 Wohnungen aus sowjetischem Bestand. Sie sind, im Gegensatz zu den Einrichtungen der Westalliierten, nicht nur in einem desolaten Zustand. In Karlshorst, einem der wenigen zusammenhängenden sowjetischen Standorte in der Stadt, bestehen bei vielen der Einfamilienhäuser Rückgabeansprüche. Solange keine rechtliche Klarheit herrscht, werden die Bauten nicht saniert. Ohnehin geht der Bund davon aus, rund zwei Drittel der in den zwanziger und dreißiger Jahren errichteten Häuser abzureißen und dafür Neubauten für seine Beamten zu errichten. Severin Weiland
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