■ Mit der Pleite auf du und du: Neues Insolvenzrecht
Berlin (taz) – Nach 120 Jahren wird es ausgedient haben: das Konkursrecht von 1877. Von 1997 an soll ein neues Insolvenzrecht gelten, beschloß der Bundestag nach fünfzehnjährigem Tauziehen. Insolvenz ist der Oberbegriff für Konkurs und Vergleich. Das neue Gesetz löst damit auch die Vergleichsordnung von 1935 ab.
Bislang wird im Konkursfall die Firma meistens liquidiert, die Gläubiger versuchen, sich schadlos zu halten, und die Beschäftigten gucken in die Röhre. Das neue Gesetz will die Sanierungschancen insolventer Unternehmen verbessern und zudem die Stellung der kleinen Gläubiger verbessern. Die Gläubiger sollen künftig möglichst autonom entscheiden, was mit dem bankrotten Unternehmen geschehen soll. Dies werde eine Sanierung der Firma begünstigen und so Arbeitsplätze erhalten, hofft Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. Den kleinen Gläubigern, also zum Beispiel Lieferanten oder Baufirmen, steht künftig etwas mehr von der Konkursmasse zur Verfügung; die Großgläubiger müssen dann ein paar Prozent des Erlöses aus versteigerten Immobilien oder anderen Sicherheiten für ihre Kredite in den Konkurstopf zurückleiten.
Gute Nachrichten bringt das Gesetz den privaten Schuldnern. 1,7 Millionen Haushalte in der Bundesrepublik sind überschuldet, was für die Betroffenen bisher auf lebenslängliche Schuldknechtschaft herauslief. Das soll sich jetzt ändern: Wer sieben Jahre lang sein oder ihr pfändbares Einkommen klaglos den Gläubigern zur Verfügung stellt, wird danach von den Restschulden befreit.
Im Falle des Immobilienhais Schneider würde das neue Gesetz kaum einen Unterschied machen; noch immer sind die grundpfandrechtlich gesicherten Gläubiger fein raus. Und eine Pleite verhindern könne das neue Gesetz schließlich auch nicht, beeilten sich alle PolitikerInnen zu betonen. lieb
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