Doch keine Folter?

■ Abgeschobener Kurde zieht Aussage zurück / Türkische Drohung vermutet

Dresden (AFP) – Die Vorwürfe wogen schwer: Nach seiner Abschiebung aus Sachsen sei er mit elektrischen Schlagstöcken gefoltert, getreten und geschlagen worden, berichtete der kurdische Familienvater Ramazan C. telefonisch Freunden, Bürgerrechtlern und Journalisten in Deutschland. Um ihn und seine Frau nach der Ablehnung ihres Asylantrages in Deutschland als Sympathisanten der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK zu entlarven, hätten die türkischen Sicherheitsbehörden das Paar aus Pirna und seine fünf Kinder nach der Ankunft in Istanbul am 7. April festgenommen und drei Tage lang im Gefängnis festgehalten.

Doch Ramazan C. widerrief jetzt. Unter dem Druck türkischer Drohungen, vermuten Menschenrechtler wie Lothar Hermes, der Vorsitzende des Sächsischen Flüchtlingsrates.

In einem Gespräch in der deutschen Botschaft in Ankara soll C. nur noch von „Schikanen“ gesprochen haben, denen er und seine Familie bei der Vernehmung ausgesetzt gewesen seien. Gewalt sei „zur Erzwingung von Aussagen nicht angewendet worden“, zitiert das Auswärtige Amt den 34jährigen. Überdies hätten Nachforschungen eines Menschenrechtsvereins in Istanbul keine Hinweise für eine Folterung ergeben, erklärt das Außenministerium. Ramazan C. und seine Familie hätten nach einer viereinhalbstündigen Routineüberprüfung noch am Tage ihrer Ankunft weiterreisen dürfen.

In einem Telefonat mit der Sächsischen Zeitung hatte Ramazan C. noch am 15. April berichtet, die Sicherheitskräfte hätten gedroht, ihn totzuschlagen, wenn er von Folter und Verhör erzähle. Es handele sich um einen „grundsätzlichen Fall, von dem die ganze Rückführungspolitik der Bundesrepublik“ abhänge, sagt der Sprecher der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl, Herbert Leuninger. Seine Organisation fordert wegen schwerster Menschenrechtsverletzungen einen generellen Abschiebestopp in die gesamte Türkei.