■ Störzeile: Politiker-Wonnen
Wer je an einem lauen Sommernachmittag unter den Pappeln an einem französischen Provinzkanal lustwandelte, kennt sie gewiß: die französischen Angler. Versunken dösen sie vor sich hin. Sie lassen die Dinge auf sich zukommen. Selten, sehr selten, reißt sie ein kleines Fischlein aus der Siesta. Ohne jede Hektik, mit einer in Jahrzehnten erworbenen Souveränität, beginnt eine kurze aktive Phase, an deren Ende das Tierchen halbtot im Plastikeimer treibt. Ohne Frage: Leben wie Gott in Frankreich.
Auch anderswo schöpfen Menschen Kraft und Lebensfreude aus stiller Beschaulichkeit. Zum Beispiel in Hamburg. Die Politiker. Ganz entspannt im Hier und Jetzt blicken sie in den Strom der Zeitläufe. Wortkaskaden umschwirrn sie wie Motten das Licht – ihre Ruhe stört es nicht. Sie lassen die Dinge auf sich zukommen. Finanzkrise am Horizont? Schau'n wir mal! Finanzkrise vor der Tür? Mal gucken, ob sie klopft!
Finanzdebakel an Deck? Jetzt erheben sich unsere Politiker und gehen in gefestigter Seelenruhe ihrer wahren Bestimmung nach: Reagieren, wenn es zu spät ist. Ob Müll-Lawine, Verkehrsinfarkt, Arbeitslosengebirge, Schülerschwemme, Wohnungsnot – für einen Politiker kann es gar nicht spät genug sein. Das Märchen vom Hasen und dem Igel wird konsequent auf den Kopf gestellt: Ick bün nie door – Politiker hätten den Igel in den Selbstmord getrieben.
Gönnen wir den Vielgeschmähten das Vergnügen: Leben wie ein Politiker in Hamburg! Französische Götter würden vor Neid erblassen.
Florian Marten
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