: Plakate stören Frieden
■ BVG muß laut Gericht Anti-Bundeswehr-Plakat wieder anbringen / An EAP-Tarnorganisation störte sich BVG nicht
Zweierlei Maß gilt offenbar bei der BVG, wenn es ums Plakatieren geht. Ein Anti-Bundeswehr-Plakat der evangelischen Patmos-Gemeinde Steglitz mit der Aufschrift „Das lernt man bei der Bundeswehr: drohen – töten – vernichten“ wurde von der BVG im Sommer vergangenen Jahres entfernt. Gestern nun entschied das Amtsgericht Schöneberg, daß die Verkehrsbetriebe das Plakat wieder anbringen müssen. Zur Begründung hieß es, die von der BVG geltend gemachten „betrieblichen Gründe“ für eine Auflösung des Vertrags lägen nicht vor. Die Patmos-Gemeinde hatte im Juli letzten Jahres einen regulären Vertrag mit der BVG-Werbefirma „VVR- Berek“ über die Anbringung von 110 Plakaten abgeschlossen. Wenig später war die BVG offenbar zu der Auffassung gelangt, daß die Plakate den „Beförderungsauftrag“ beeinträchtigten. Der Vertrag wurde aufgekündigt, die Gemeinde bekam ihr Geld zurück.
Der Pfarrer der Patmos-Gemeinde, Harry Perkiewicz, begrüßte gestern zwar das Urteil, sagte aber der taz, er fürchte, daß die BVG nun auf politischem Wege versuche, die Plakate zu entfernen. Immerhin hätten sich die Verkehrsbetriebe in einer Stellungnahme auf den Gesundheitsstaatssekretär Detlef Orwat gestützt, der die Plakate als „Verunglimpfung der Staatsorgane“ kritisiert hätte. Der Sprecher der BVG, Wolfgang Göbel, wollte gestern keine Stellungnahme abgeben, sondern erst eine schriftliche Urteilsbegründung abwarten. Weniger genau nehmen es die Verkehrsbetriebe dagegen mit Europawahl-Plakaten einer „Bürgerrechtsbewegung Solidarität“. Unter dem Motto „Wir haben das Patentrezept“ ist die Spitzenkandidatin der Organisation, Helga Zepp- LaRouche, mit einer farbigen Frau abgebildet. Als Forderungen werden unter anderem genannt: „Mit dem Transrapid ins 21. Jahrhundert“ und „Produktion statt Spekulation“. Helga Zepp-LaRouche kandidierte bereits Mitte der achtziger Jahre für das Straßburger Parlament: auf der Liste der rechtsextremen „Europäischen Arbeiterpartei“ (EAP). Seit geraumer Zeit arbeitet die EAP, die unter anderem Kontakte zum US- amerikanischen Ku-Klux-Klan sowie deutschen Neonazi-Organisationen hat, vor allem mit Tarnorganisationen. Eine davon sind die „Patrioten für Deutschland“, die Helga Zepp-LaRouche in den achtziger Jahren gründete. Eine andere Tarnorganisation ist nach Auskunft der AG Sekten an der FU Berlin das „Schiller-Institut“, das nach Vorbild des Goethe-Instituts derzeit vor allem in Osteuropa Fuß fassen will. Bereits vor zwei Jahren hat ein Projekttutorium der FU Berlin die EAP und ihre Organisationen als eine der aktivsten rechtsextremen Sekten an deutschen Universitäten bezeichnet. BVG-Sprecher Göbel erklärte gestern der taz, ein rechtsextremer Hintergrund der „Bürgerrechtsbewegung“ sei ihm bislang nicht bekannt. Die BVG werde dem Fall allerdings nachgehen, versprach Göbel. Uwe Rada
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