piwik no script img

Strukturelle Gewalt gegen ökologische Bewegung -betr.: "Weidedamm III einstimmig beschlossen", taz vom 23.4.94

Betr.: „Weidedamm III einstimmig beschlossen“, taz vom 23.4.

Herr Asendorpf bastelt am Popanz einer „Bremer Hafenstraße“ mit und erweckt mit diesem Artikel den Eindruck als werde die Gewaltfrage von uns gestellt, während Vater Staat vorbildlich um Deeskalation bemüht sei. Den Informanten, der die schlichte Falschinformation mit den „weit über 100 TeilnehmerInnen aus der autonomen Szene Deutschlands“ gesteckt hat, würde ich in Zukunft etwas vorsichtiger zu Rate ziehen. Die „Alternative Uni“ übrigens, die aus den größeren StudentInnen-Bewegung 1988/89 entstand, haben wir bereits im Februar 1993 zu Grabe getragen, zugunsten einiger anderer selbstorganisierter Projekte, wie z.B. die „Bremer Commune“. Eine Anzeige des „Reeinkaranationsfestes“ stand damals auch in der taz...

Klar, aus dem Blickwinkel der Herrschenden ist Gewalt immer das, was sie an der Exekutierung ihrer Vorhaben behindert. Damit auch ja nichts schiefgeht, wird jetzt sogar eine „ressortübergreifende Arbeitsgruppe“ der SenatorInnen für Stadtentwicklung, Bau und Inneres gebildet. Ist es wirklich so schwierig, die strukturelle Gewalt, die in dieser Konzentration der Behördenapparate auf das Ziel einer „fristgerechten Realisierung der Bebauung“ liegt, zumindest zu erahnen? Aus Sicht der Verplanten sicherlich nicht.

Daß der Konflikt zwischen der Suche nach selbstbestimmten, ökologischen Wohnformen von unten und den ökologischen Sachzwängen, in die sich die Ampelkoalition gegenüber den Baufirmen hineinmanövriert hat, als „schlichter Interessensgegensatz“ verniedlichend kommentiert wird, paßt ins Bild. Sollte die taz mit den GrÜnen an die Regierung gewechselt sein?

Die Orientierungslosigkeit der Linken, die sich hinter der zynischen Klage der (Berliner) taz-Redaktion über weggebrochene soziale Bewegungen verbirgt, ist sicherlich nicht der taz anzulasten. Bedenklich finde ich jedoch, daß die Berichterstattung der taz zum Weidedamm diesen Ansätzen einer sozialen, ökologischen Bewegung häufig so fremd ist, als wären die Artikel von der Hamburger oder Berliner Redaktion recherchiert worden! Christian Dunker, Anti-Räumungs-AG

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen