: Polizei- und Meldegesetz verschärft
■ Liberaler Innensenator nahm liberale Regelungen zurück
Ein paar Jahre lang war Bremen eine liberale Idylle. Wer sich polizeilich melden mußte, brauchte keine Unterschrift des Vermieters, zum Beispiel. Das soll sich bald wieder ändern: einstimmig verabschiedete die Bürgerschaft gestern ein neues Meldegesetz. Bremen braucht eine hunertprozentige Einwohnermelde-Datei wegen des Länderfinanzausgleichs und auch wegen des Wahlrechtes, erklärte Staatsrat Hannemann den Schritt zurück. Daß die USA ohne derartige Melde-Bürokratie auskommen, war damals ein Argument, heute nicht mehr. Beim Länderfinanzausgleich ist der Sachverhalt einfach: Wenn aufgrund des liberalen Melderechtes in Bremen sich Menschen hier anmelden, die nach strengeren Meldegesetzen anderswo gemeldet sein müßten, dann nützt das Bremen im Länderfinanzausgleich. Mit dem neuen Melderecht werden die Ausgleichszahlungen an Bremen also geringfügig zurückgehen. „Das bringt nur mehr Bürokratie“, sagt denn auch der Grüne Marin Thomas.
Die Grünen haben zugestimmt, weil sie an anderen Stellen Zugeständnisse ertrotzt haben. Erst vor zwei Tagen gaben sie ihr Ja-Wort zum neuen Polizeirecht, weil Innensenator van Nispen in einem wichtigen Punkt nachgab. Nach dem ursprünglichen Entwurf sollte die Polizei mit Ordnungsgeldern gegen Obdachlose vorgehen dürfen, die unter den Rathausarkaden ihr Fläschchen zücken. „Sowas ist mit den Grünen nicht zu machen“, rief Thomas in den Plenarsaal. Erstens müsse man den sozialen Hintergrund der Obdachlosigkeit sehen, und zweitens würden derartige Diskriminierungen von Rechtsradikalen sofort als Anlaß für Selbstjustiz genommen. Mit den Grünen auch nicht zu machen war das Verbot, mit Tieren zu betteln. „Ein Hund ist doch für viele der beste Kamerad“, sagte Thomas.
Was bleibt im neuen Polizeirecht, ist die Möglichkeit der Stadtbehörden, öffentliches Fixen mit Ordnungsgeld zu belegen. Bisher war das nur strafrechtlich verboten. Mehr Rechtssicherheit für die Polizei sollte es auch bei der Durchsuchung von Wohnungen geben, wenn Personen vorgeführt oder in Gewahrsam genommen werden sollen. Relevant ist diese Verschärfung des Polizeirechtes vor allem in Abschiebungsfällen, der Grüne Walter Ruffler stimmte deshalb aus grundsätzlichen Erwägungen dagegen.
Ansonsten stimmten die Grünen aber koalitionstreu dafür, weil sie einiges in ihrem Sinne verändern konnten. Herausgeflogen aus dem Entwurf, so unterstrich Thomas, ist auch das Razzia-Recht: allein auf den Verdacht hin, daß Ausländer sich illegal aufhalten, sollte nach dem Entwurf des liberalen Innensenators eine ganze Unterkunft durchsucht werden können. K.W.
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