: Mehr US-Waffen nach Taiwan
■ Die Clinton-Regierung und der US-amerikanische Kongreß einigten sich nach Geheimverhandlungen auf weitgehende Aufhebung des Beschränkungen für Rüstungsexporte auf die Insel im Chinesischen Meer
Berlin/Washington (taz/wps) – In einem geheimen Übereinkommen haben die US-amerikanische Regierung und der Kongreß in der vergangenen Woche den Weg für US-Rüstungsexporte nach Taiwan im Werte von Hunderten Millionen US-Dollar freigemacht. Bestehende Einschränkungen von Kriegsgerät in die Inselrepublik sollen danach zwar im großen und ganzen weiter gelten, aber Taiwan darf nun spezifische neue Waffensysteme in den USA erwerben.
Als Ergebnis der Geheimverhandlungen zwischen Regierung und dem Abgeordnetenhaus werden die US-Behörden Exportgesuche von US-Firmen genehmigen, die elektronische Spitzentechnologie für verkaufte Fregatten liefern wollen, die Frankreich an Taiwan verkauft. Dazu zählen Radargeräte, elektronische Abwehrsysteme und „die gesamte elektronische Einrichtung..., alles, was (aus einer Fregatte) ein Kriegsschiff macht," wie ein Vertreter der US- amerikanischen Rüstungsindustrie sagte. Bislang hat die chinesische Regierung auf das Bekanntwerden dieses Übereinkommen noch nicht offiziell reagiert.
Amerikanische Firmen wie Litton und Raytheon hatten sich seit fast zwei Jahren vergeblich um Exportlizenzen für Taiwan bemüht. Die Regierung hat ihren Verhandlungspartnern aus Kongreß und Rüstungsindustrie nun zugesagt, man wolle einen als privat bezeichneten Brief von Außenminister Warren Christopher vorlegen, in dem die US-Politik gegenüber Taiwan bekräftigt und spezifische Exportersuche für Waffenlieferungen positiv beschieden werden.
In den vergangenen Monaten war der Druck von Seiten der US- Rüstungsindustrie und einflußreicher Teile des Kongresses gewachsen, die bestehenden Einschränkungen für Waffenexporte nach Taiwan vollständig aufzuheben. Bereits Anfang diesen Jahres hatte eine Gesetzesvorlage den Senat passiert, in der unter anderem die Beseitigung jeglicher Hindernisse gegen Waffenlieferungen an Taiwan vorgesehen war. Daraufhin hatten Regierungspolitiker alles daran gesetzt, die Vorlage im Kongreß zu verhindern. Die Regierung von Präsident Bill Clinton mußte befürchten, daß ein solcher Schritt die ohnehin gespannten Beziehungen zwischen den USA und China noch stärker belasten würde.
In dem nun als Kompromiß bezeichneten Übereinkommen konnten die Politiker im Weißen Haus erreichen, daß das "Taiwan Kommuniqué" weiterhin gilt. Dieses war vor 12 Jahren zwischen den Regierungen in Peking und Washington ausgehandelt worden: Die USA versprachen darin, ihre Rüstungsexporte nach Taiwan allmählich zu reduzieren.
US-Waffenlieferungen an Taiwan sind seit 1979 – als Peking und Washington ihre diplomatischen Beziehungen normalisierten und die USA das Verteidigungsabkommen mit Taiwan abbrach – ein heikler Punkt. Damals konnten sich die Regierungen der USA und Chinas nicht darauf einigen, wie die Rüstungsexporte auf die Insel künftig geregelt sein sollten. Im August 1982 einigte sich die US- Regierung unter dem damaligen Präsidenten Ronald Reagan mit Peking auf ein Kommuniqué, in dem die USA zusagten, die Verkäufe von Waffen an Taiwan auf den Wert von maximal 820 Millionen US-Dollars im Jahr einzufrieren, und sie langsam zu verringern. Dieses Abkommen wurde zu einem der "drei Kommunqués“, die von Pekinger Politikern regelmäßig als Grundfesten der Beziehung zwischen beiden Ländern bezeichnet werden. Die beiden anderen waren das Kommuniqué, das der kürzlich verstorbene ehemalige Präsident Richard Nixon während seiner China-Reise 1972 unterzeichnete und jenes, unter das Jimmy Carter bei der Aufnahme diplomatischer Beziehungen seine Unterschrift setzte.
Vor zwei Jahren, während seiner Kampagne für die Wiederwahl zum Präsidenten, eröffnete George Bush den Weg für bedeutende neue Waffenlieferungen an Taiwan. Er genehmigte den Verkauf von F-16-Kampffliegern. Die Politiker in Taipei hatten sich um diese Maschinen schon mehr als ein Jahrzehnt lang bemüht.
Damals protestierte die Regierung in Peking heftig. Der Verkauf der F-16 verstoße gegen das Kommuniqué von 1982, erklärte sie. Aber die Regierung von George Bush beschieden, sie hielten sich an die Erklärung – der Verkauf der F-16 sei legal, weil sie nur dazu dienten, ältere Flugzeuge zu ersetzen.
Als die französische Regierung vor zwei Jahren beschloß, Kriegsschiffe nach Taiwan zu liefern, reagierten die Politiker in Peking zornig: sie schlossen das französische Konsulat in Kanton. Doch der Peking-Besuch des französischen Präsidenten Edouard Balladur im April diesen Jahres verlief bereits wieder freundlich. Balladur enthielt sich allerdings auch jeder öffentlichen Kritik der chinesischen Menschenrechtspolitik. Clinton, der bis Juni über eine Fortsetzung der Zollvergünstigungen für China entscheiden muß, kann sich ein Wohlwollen der Regierung in Peking vielleicht erkaufen, wenn er dem Beispiel Balladurs folgt. li
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen