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Schuld hat der Zentralrechner

■ Auszahlung an Geldautomaten am Wochenende ist Glückssache / Grund: Stromausfälle legen Zentralrechner lahm / Postbank-Kunden sind empört

Ob Pankow, Wedding, Steglitz oder Spandau, die Versorgung von Postkunden mit Barem soll auch an den Wochenenden gewährleistet sein. Zu diesem Zweck hat die Postbank seit Ende der achtziger Jahre in ganz Berlin ein dichtes Netz von mittlerweile 31 Geldautomaten eingerichtet. Kundendienst wird bei der posteigenen Bank ganz groß geschrieben. Doch Theorie und Praxis liegen bei der staatsnahen Geldquelle meilenweit auseinander. Denn im Gegensatz zu ähnlichen Einrichtungen anderer Geldinstitute kündigt das Postbank-Geldautomatensystem regelmäßig zum Wochenende die Mitarbeit und gibt seinen prozessorgesteuerten Geist auf. Dem bedürftigen Kunden bleibt bloß resigniertes Kopfschütteln und die erbarmungslose Erkenntnis, daß das Wochenende gelaufen ist.

Meist zeichnet sich das bereits samstags ab, wenn sich der Betreffende mit dem Außer-Betrieb- Schild konfrontiert sieht. Das drängende Verlangen, dem Edelstahlkasten in den beharrlich geschlossenen Ausgabeschacht zu treten, wird dann nur noch durch die Überwachungskameras gezügelt. Dem Enttäuschten bleibt letztlich nur der Weg in den Nachbarbezirk, um sein Glück am nächsten Geldautomaten zu versuchen. Gewöhnlich ist der aber auch außer Betrieb, und so kommt es, daß samstags scharenweise frustrierte Postbank-Kunden von Bezirk zu Bezirk zotteln, um mit dem vom vergeblichen Gebrauch abgewetzten Magnetstreifenkärtchen in der Hand irgendwie an ihr Geld zu kommen.

Hin und wieder klappt's auch, aber immer häufiger wird die Postbank-Polonaise von einem Wochenendtotalausfall forciert. Dann heißt es auf dem Monitor: „Ihre Zentrale ist zur Zeit nicht besetzt“ oder „Auszahlung aus Sicherheitsgründen nicht möglich“.

Gewöhnlich finden sich die Mitglieder des unfreiwilligen Postwandertages sonntags am Postgiroamt ein, wo sie den Zentralcomputer zur Verantwortung ziehen wollen. Nicht wenige sammeln sich am durchgehend geöffneten Postschalter am Zoo und machen dort ihrer Empörung Luft. Doch mit dem achselzuckenden Bekenntnis der hilflosen Schalterbediensteten, daß das System „neu“ und der Zentralrechner ballaballa ist, lassen sich nun mal keine Rechnungen bezahlen.

Gemäß den Thesen eines alten deutschen Schlagers (Der Mörder ist immer der Gärtner...) hat der Pressesprecher der Postbank, Strelow, die eigentlich Verantwortlichen am Wochenend-Auszahlungsdesaster längst ausfindig gemacht: die Kunden nämlich, die fremde Gegenstände in die Kartenschlitze stopfen. Die übrigen Pannen kommen laut Strelow dadurch zustande, daß es in einigen Bezirken gelegentlich zu Stromausfällen kommt, was zur Folge habe, daß sich die elektronischen Auszahlstationen selbständig ab- und nicht wieder einschalten. Kommt es gar zu einem Stromausfall am Zentralrechner, bekäme dieser keine Impulse mehr, so der Pressesprecher weiter.

Angesichts der technischen Raffitücke des Problems bemüht er sich um einen für den Laien nachvollziehbaren Vergleich: „Das ist wie bei einem Auto wenn der Motor ausfällt, und der Vergaser und sonstwasalles ist in Ordnung und die Bremsen und sonstwas... das Auto fährt nicht, ist doch ganz logisch.“ Peter Lerch

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