: Existentieller Rat ist nie zu teuer
■ Wer keine Existenz hat, gründet sich eine / Beratung tut not
Jeder zweite erwerbstätige Grieche ist sein eigener Chef. In Deutschland hingegen finden nur 13 Prozent in die Selbständigkeit – und verschenken als Existenzgründer auch noch Geld. 75 Prozent nehmen keine öffentlichen Fördermittel in Anspruch, über die Hälfte verzichten im entscheidenden Anfangsstadium auf Expertenberatung. Zwei Drittel aller Existenzgründer machen innerhalb von fünf Jahren Pleite. Im Durchschnitt vergehen zweieinhalb Jahre bis zur Schließung eines Unternehmens. Damit es erst gar nicht soweit kommt, tut Beratung von Existenzgründern not – nicht erst zur Schuldenverwaltung. Beratung ist kein Nachhilfeunterricht, sondern Entscheidungshilfe. Es sei manchmal nicht der schlechteste Rat, wenn einem davon abgeraten werde, einen Unternehmensplan weiter zu verfolgen, meinen Fachleute. Bleibt man dennoch bei der Stange, ist folgendes zu klären: Reichen die persönlichen und fachlichen Kenntnisse aus? Stimmt die Markteinschätzung? Oder ist die vermeintliche Geschäftsidee eine Schnapsidee? Guter Rat muß nicht teuer sein. Der Senat gibt sogar Zuschüsse.
Für Pleiten gibt es oft mehrere Ursachen. Die folgenden Zahlen aus dem Bundeswirtschaftsministerium zeigen, wie oft die jeweilige Ursache an Pleiten beteiligt war (siehe Kasten „Starthilfe“).
Ohne Moos nichts los: Finanzierungsmängel 68,6 Prozent
Gründer unterschätzen ihren kurzfristigen Kapitalbedarf. Probleme gibt es oft dann, wenn dem Kunden selber das Wasser bis zum Halse steht und er nur schleppend zahlt, während der eigene Krämer an der Ecke schon mal den Kuckuck probefliegen läßt.
Was ich nicht weiß, wissen andere: Informationsdefizite 61 Prozent
Gründer wissen oft zuwenig über das Marktgeschehen, über die Nachfrage für ein Produkt oder eine Dienstleistung und unterschätzen die nicht schlafende Konkurrenz.
Was Hänschen nicht lernt, lernt Liese lässig: Qualifikationsmängel 48 Prozent
An der fachlichen Qualifikation mangelt es fast nie. Dafür um so mehr an kaufmännischen und unternehmerischen Kenntnissen.
Heute hau'n wir auf die Pauke: Planungsmängel 30,1 Prozent
Entweder ist die Planung fehlerhaft. Oder sie ist gut, das Konzept wird aber nicht eingehalten. Bei vier Imbißbuden an einer Ecke sind drei zuviel.
Wenn die Oma mit dem anderen Opa: Familienprobleme 29,9 Prozent
Wenn der Ehepartner, Freund oder Freundin die Belastungen der Anfangsphase nicht hinnehmen will (oder gar alle zusammen plötzlich nicht mehr wollen), sind Rhetorik und Überredungskunst kaum noch gefragt. Dann lief von Anfang an etwas schief.
Schaffe, schaffe, aber nichts mehr baue: Überschätzung der Betriebsleistung 20,9 Prozent
Der Umsatz des Betriebes ist zu gering im Verhältnis zu den hohen Investitionen und Fixkosten.
Pech gehabt: äußere Einflüsse 15,4 Prozent
Könnte Deine neue Kohl-Zucht die Ursache sein, daß bei Dir kein CDU-Wähler mehr kauft? Wer allerdings bei dem Wort „Konkurs- Gericht“ spontan ans Essen denkt, sollte sofort die Currywurst-Leasing GmbH aufmachen.
Also: Gehe in Dich, kalkuliere den Verdienst – vergiß nicht die Kosten für das Feldbett im Büro – und dann lies weiter im Kasten „Beratung“. alo
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