: Kampfsingen mit Pfefferminzsauce Von Ralf Sotscheck
Ein Eurovisions-Wettbewerb ohne Terry Wogan ist wie ein Lammbraten ohne Pfefferminzsauce: Beide gehören traditionell dazu, auch wenn dadurch weder der Gesang noch das Lamm besser wird. John, mein Nachbar, bestand jedenfalls am Samstag darauf, die Übertragung vom Kampfsingen auf BBC zu verfolgen, weil Wogan das Ereignis dort seit 1967 gehässig kommentiert. Er stammt aus Limerick in Westirland, wo er seine Karriere als Radioreporter beim irischen Sender RTE begann – gemeinsam mit Johns Vater, der von einer Spezialität Wogans berichtete: Er zündete seinen Kollegen bei besonders komplizierten Live-Ansagen gerne das obere Ende des Manuskripts an, so daß die genervten Opfer den Text in Windeseile herunterrattern mußten, bevor das Blatt von den Flammen verschlungen wurde. Freilich rächten sich die Kollegen eines Tages, indem sie Wogan zu Beginn einer Live-Übertragung einen Krug Eiswasser in den Kragen kippten. Der gellende Schrei hat Radio-Geschichte gemacht.
Dieser Wogan ärgert nun schon seit 27 Jahren all jene britischen Fernsehzuschauer, die das Wett- Trällern für einen fairen sportlichen Ländervergleich halten. Die britische Teilnehmerin Frances Ruffelle war außerdem in diesem Jahr bei den Buchmachern Favoritin und gab sich höchst patriotisch: Zu den Proben trug sie ein durchsichtiges Kleid, unter dem eine Union-Jack-Unterhose durchschimmerte. Wogan ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken. Er gratulierte der erfolglosen Sängerin hämisch dafür, daß sie nicht in der Abstiegszone gelandet ist. Den beiden Finninnen von der Gruppe Cat Cat, die laut Wogan „die Unterwäsche ihrer Mütter auf der Bühne“ trugen, gab er keine Chance, kaum daß der letzte Ton ihres Liedes „Bye- bye Baby“ verklungen war: „Bye- bye Finnland, wir fahren im nächsten Jahr mit Sicherheit nicht nach Helsinki.“ Über Kostas Bigalis urteilte er, daß der griechische Beitrag von Sangeskunst völlig ungetrübt sei: „Das ist der Stoff, aus dem Eurovisions-Debakel gemacht sind.“ Das vielschichtige, knallrote Kleid der Russin Youddiph gefiel ihm dagegen ausgesprochen gut: „Die Kutte des Tages. Sie sieht aus wie eine sonnengetrocknete Tomate.“
Aber auch die kleinen Irland- Filmchen, die zwischen den einzelnen Beiträgen gezeigt wurden, damit die irische Fremdenverkehrszentrale einen Teil der Veranstaltungskosten übernimmt, kamen nicht ungeschoren davon. „Da ist ja schon wieder dieser Fisch“, lästerte Wogan, als ein Angler mit glücklichem Gesicht denselben Riesenlachs der Kamera zum dritten Mal zeigte. Vielleicht sahen sich die Tiere aber auch bloß ähnlich. Man sollte sie ausstopfen lassen und nächstes Jahr wieder verwenden. Wogan schlug ohnehin vor, das Wettsingen fortan in Irland stattfinden zu lassen, nachdem die Grüne Insel den häßlichen Wanderpokal zum dritten Mal hintereinander gewonnen hat: „Die Iren wissen, wie man diese Veranstaltung organisiert“, sagte Wogan. „Sie wissen, wie man sie gewinnt. Und sie wissen vor allem, wie man das feiert.“ Kann man wohl sagen.
Doch nun der taz-eigene Eurovisionswettbewerb: Wie heißt der bosnische Beitrag Ostani Kraj Mene in deutscher Übersetzung? Der/die GewinnerIn bekommt die CD. Trostpreis ist die offizielle Veranstaltungsbroschüre. Postkarten bis Donnerstag an die Wahrheit.
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