■ Das Portrait: Christoph Zöpel
Als der Mief in der SPD-Baracke zu stickig geworden war, trat er vor die Tür. Christoph Zöpel verabschiedete sich aus dem Schattenkabinett des Rudolf Bleifuß. Konsequent wie er ist, will Zöpel nicht länger als ökologisches Gewissen in der SPD-Programmkommission herumschleichen. Nun kann Rudolf Scharping, der Macher, wieder unbeschwert durchtreten und mit „Tempo 100 pro Achse“ (Scharping) durch die Republik rauschen.
Sein Abschiedsbrief hat mit Sicherheit für ihn selbst befreiende Wirkung. Christoph Zöpel, der reformfreudige Genosse mit dem aufrechten Gang, wird weiterhin für eine rot-grüne Zukunft eintreten. Seit dreißig Jahren stärkt der 50jährige die linke Flanke der SPD.
In Gleiwitz/Oberschlesien 1943 geboren, verlebte er seine Kindheit im westfälischen Minden, bevor er nach Bochum in den Pütt übersiedelte. Mit 19 trat er der SPD bei. Zielstrebig kam der junge Wirtschaftswissenschaftler voran. Vom Stadtverordneten über den NRW- Landtag gelangte er 1978 ins Justizministerium. Johannes Rau ernannte ihn zum Minister für Landes- und Stadtentwicklung, 1985 bekam er noch die Ressorts Wohnungsbau und Verkehrspolitik zugeschlagen. Sein Credo: Wohnen und Arbeiten in der Stadt seien „erst dann schön, wenn Planer und Bürger das gemeinsam, quasi als res publica, durchführen und das als kulturellen Akt erleben“. Sich selbst bezeichnet Zöpel als „leidenschaftlichen Intellektuellen, der in die Politik gegangen ist“. Bis vor vier Jahren hatte er seine Ministerposten in Nordrhein- Westfalen inne.
Im Gegensatz zu dem schmuseweich rasierten Johannes Rau vertritt Zöpel stets eine eigenständige Meinung. Bei der namentlichen Abstimmung zur Änderung des Asylrechts stimmte er mit Nein. Jedoch suchte er bislang nie die offene Konfrontation mit den Betonköpfen innerhalb der SPD.
Verabschiedete sich aus Scharpings Schattenkabinett Foto: Dirk Hoppe/Netzhaut
Seine Kritiker sehen in dem Abschiedsbrief den Beweis, daß Scharpings Linie zu autoritär, zu wenig reformfreudig ist. Sollten die Parteilinken eine leichte Revolte planen? Ihr Anführer heißt mit Sicherheit Christoph Zöpel. Der wollte eben schon immer ein bißchen mehr Utopie wagen. Zuletzt im Spätsommer 1989. Als die Ossis in der deutschen Botschaft in Ungarn Ferien machten, schlug er vor, westdeutsche Arbeitslose in die DDR zum Aufbau zu schicken. Christoph Zöpel, der SPD-Mann für ungewöhnliche Maßnahmen. roga
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