Afrika-Verein: Adrenalin-Spiegel steigt

■ Deutsche Wirtschaft schaut mit Spannung auf Südafrika

Hamburg (taz) – Metzeleien in Ruanda? Aufschwung in Ghana? Wahlen am Kap? Angst oder Euphorie sucht man in den gediegenen Räumlichkeiten der alten Hamburger Kolonial-Institution „Afrika-Verein“ vergeblich. Das Auf und Ab wirtschaftlicher, politischer, sozialer und ökologischer Entwicklungen und Katastrophen hat die Lobby der deutschen Afrika-Wirtschaft abgebrüht. Martin Kramer, Vizechef des Vereins, der gerade noch 250 Firmenmitglieder zählt: „In Afrika kann sich alles von einem Tag auf den anderen ändern. Afrika neigt zu sprunghaften Entwicklungen.“

1993 war ein müdes Jahr in den deutsch-afrikanischen Handelsbeziehungen. Die Überbewertung der franco-afrikanischen Leitwährung Franc CFA, die erst Anfang 1994 drastisch abgewertet wurde, ließ neben Dürre und Krieg die Importe aus dem Süd-Kontinent von einem niedrigen Niveau nochmals um 14 Prozent auf 14 Milliarden Mark einbrechen. Kein Wunder, daß auch die deutschen Ausfuhren um sieben Prozent auf ebenfalls 14 Milliarden DM zusammenschnurrten.

Erfreut registriert der Afrika- Verein jedoch: „Um so bemerkenswerter ist der Stand des Geschäftes mit Südafrika, das trotz des Reformprozesses die Werte des Vorjahres halten konnte.“ Südafrika, mit einem Handelsvolumen von sieben Milliarden DM (25 Prozent aller Ein- und Ausfuhren) mit großem Abstand wichtigster Wirtschaftspartner, läßt denn auch den Puls der sonst so bedächtigen Vereinsgewaltigen in die Höhe schnellen. Mit gespannter Aufmerksamkeit beobachtet der Verein die Wahlen. Schließlich fließen 50 Prozent der deutschen Afrika- Investitionen ans Kap. Um im Reformstaat Südafrika von Beginn an mit dabeizusein, hat die deutsche Industrie ihr Engagement zuletzt sogar erhöht.

Gedämpft optimistisch sind die Herren vom Afrika-Verein auch hinsichtlich der afrikanischen Zukunftsperspektiven. Vereinschef Heinrich Harries: „Das politische Schaukelspiel mit Moskau läuft glücklicherweise nicht mehr. Jetzt können wir unsere Prinzipien der Entwicklungspolitik stärker einbringen.“ Die Afrika-Entwicklungshilfe der Europäischen Union soll zukünftig noch stärker an den Prinzipien Privatisierung, Marktwirtschaft, Demokratisierung und Abrüstung ausgerichtet sein. Harries froh: „Wir setzen auf das Leistungsprinzip in der Entwicklungspolitik.“ Mit Lob überschüttet der Afrika-Verein in diesem Zusammenhang Ghana, das bei Privatisierung, Sanierung und Staatsabbau vorneweg marschiert. Der westliche Druck auf Afrika, so Harries, sei mittlerweile so stark geworden, daß „kaum ein Staat sich noch den Empfehlungen internationaler Entwicklungsagenturen oder Partnerländer entzieht“. Auf baldigen Erfolg dieser Roßkuren oder auch eine künftige Rolle Südafrikas als Entwicklungslokomotive des „Schwarzen Kontintents“ aber, so betonten Krämer und Harries, dürfe man nicht hoffen. Florian Marten