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6.897 Tote in Goražde

■ Konfrontationen zwischen UNO und Serben nehmen zu / Weiterhin Kämpfe

Berlin (taz) – Der Bürgermeister von Goražde, Ismet Briga, hat gestern eine Liste der während der Belagerung der ostbosnischen UN-Schutzzone Getöteten veröffentlicht. Nach Angaben des CDU-Bundestagsabgeordneten Stefan Schwarz, der mit Briga in Funkkontakt steht, werden in dem 15seitigen Dokument die Namen von 6.897 Toten und 257 Vermißten aufgeführt. Briga reagierte damit auf Äußerungen des Kommandeurs der UN-Schutztruppen (Unprofor) in Bosnien, Michael Rose. Der britische General hatte bei einem Besuch nach Ende der Belagerung bezweifelt, daß die Bürger Goraždes tatsächlich so sehr durch die Angriffe der bosnischen Serben bedroht gewesen seien, wie es Briga und andere Eingeschlossene dargestellt hatten.

Derweil halten die Spannungen zwischen UNO und serbischen Truppen an. Nachdem am Sonntag ein maltesischer Tanker versucht hatte, entgegen den Embargobestimmungen in rest-jugoslawische Gewässer zu gelangen, beklagten die Blauhelme gestern die „fortgesetzte Blockade“ eines für Goražde bestimmten Konvois mit 160 britischen UN-Soldaten. Aus dem Norden Bosniens wurden Kämpfe zwischen serbischen und bosnischen Truppen gemeldet. Beide Seiten beschuldigten sich, Gefechte um die Ortschaft Doboj begonnen zu haben. UN-Militärbeobachter sprachen von „serbischen Angriffen“. Die Industriestadt Tuzla wurde von serbischer Artillerie angegriffen, die serbische Militärführung sprach von „Vergeltungsschlägen“. In Sarajevo forderten französische Blauhelme Luftunterstützung an, als eine Gruppe serbischer Soldaten versuchte, in eines der Lager für schwere Waffen in der entmilitarisierten 20-km-Zone zu gelangen. Daraufhin zogen diese wieder ab.

In der herzegowinischen Hauptstadt Mostar kamen zwei Mitarbeiter des US-Musikmagazins Spin ums Leben, als ihr Jeep auf eine Mine fuhr. Ein weiterer Journalist wurde verwundet. Nach Angaben der UNO war das Minenfeld als solches gekennzeichnet gewesen. rr

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