: Salto rückwärts?
■ Die CDU nach der Niederlage Ulrike Schreibers
Die CDU-Abgeordnete Ulrike Schreiber muß sich derzeit einiges anhören von ihren Parteioberen: Sie sei beispielsweise eine „schlechte Verliererin“, taten Landeschef Neumann und Fraktionschef Kudella jetzt gegenüber der Presse kund. Die innerhalb der CDU als frauenpolitisch progressiv geltende Ulrike Schreiber war jüngst der als ultra-konservativ geltenden Elisabeth Motschmann bei der Wahl für den stellvertretenden Parteivorsitz mit 53 zu 157 Stimmen unterlegen. Anschließend hatte sich Schreiber öffentlich darüber ausgelassen, wie schwierig es sei, frauenpolitische Anliegen in der Fraktion durchzubringen. So habe sie allein fünf Anläufe gebraucht, um in ihrer Fraktion die Zustimmung für einen Antrag zum Thema „Sicherheit von Frauen in Bremen“ zu bekommen.
Für diese öffentliche Kritik bezieht Schreiber nun Prügel: Die klare Niederlage Schreibers als „Richtungsentscheidung“ zu betrachten, sei „töricht und abwegig“. Man habe letztlich nur über die „Persönlichkeit der Kandidatinnen“ abgestimmt, sagen Neumann und Kudella. Einige Frauen in der CDU sehen in Motschmanns Wahlerfolg jedoch sehr wohl eine Rückwärtswende. Zumal wenn man sich erinnere, daß Elisabeth Motschmann vor zwei Jahren noch nur mit Ach und Krach im zweiten Wahlgang gewählt worden sei.
Zwar hätte Ulrike Schreiber auch als Vorsitzende der Frauen-Union (der Frauenorganisation der CDU) ein Plätzchen im Landesvorstand, darauf jedoch hat sie verzichtet. „Sie wollte verständlicherweise nicht auf verlorenem Posten kämpfen und nur die Arbeit tun“, meint eine ihrer Kolleginnen.
Die beiden Parteioberen Kudella und Neumann haben übrigens ein schlagendes Argument dafür, daß die Wahlniederlage Schreibers nichts mit einem Richtungsentscheid zu tun habe: „Die Bundesvorsitzende der Frauen-Union, Rita Süßmuth, hat aufgrund ihres Formats und ihres Engagement hohes Ansehen im Landesverband der BremerCDU.“ Nur plädiert genau diese Rita Süßmuth für eine Quote bei der CDU, eine Quote zumindest entsprechend dem Anteil weiblicher Mitglieder. Und genau gegen solch eine Quote hat nun der CDU-Landesparteitag gestimmt – gegen die Stimme von Ulrike Schreiber und anderer Frauen.
Nochmal eine ganz andere Postion vertritt der Bürgerschaftsabgeordnete Jens Eckhof, Vorsitzender der Jungen Union: „Der parteiinterne Wahlkampf, den Frau Schreiber gemacht hat, war nicht befriedigend.“ Da müsse man eben auch in Verbände gehen, doch Ulrike Schreiber sei kurz vor der Wahl noch drei Wochen in Urlaub gefahren. Die Delegierten, auch manche von der Grundstimmung her progressivere, hätten dann lieber Motschmann wiedergewählt, da man bei ihr genauer wisse, wofür sie stehe. „Das ist viel zu einfach zu sagen, das sei eine Richtungsentschediung gewesen und die Richtung von Frau Schreiber sei nicht gewollt“, sagt Eckhoff und fügt hinzu, daß die Mehrheit der Jungen Union sehr wohl Ulrike Schreiber gewählt habe.
Als Konsequenz der Wahl-Niederlage gibt die Bürgerschaftsabgeordnete Ulrike Schreiber nun ihre Funktion als frauenpolitische Sprecherin der Fraktion und ihren Sitz im Frauen-Parlamentsausschuß ab.
cis
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen