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Rößners Begnadigung bleibt in Bonn umstritten

■ Koalition streitet über die Freilassung des RAF-Gefangenen Bernd Rößner

Berlin (taz) – Es hat etwas von einem Ritual. Kaum ringt sich einer der Verantwortlichen einmal dazu durch, einen Schritt hin auf eine Entspannung zwischen Roter Armee Fraktion (RAF) und Staat zu tun, schon gerät er in die Mühlen der Bonner Rechtspolitik. Die Entscheidung des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, den kranken RAF-Gefangenen Bernd Rößner zu begnadigen, wird unter den Rechtsexperten der Bonner Koalition höchst unterschiedlich gewertet.

Während der FDP-Abgeordnete Jörg van Essen jetzt für eine Begnadigung weiterer RAF-Gefangener plädiert, warnt der CSU- Politiker Norbert Geis, Rößners Freilassung könnte als „Signal für eine weitere Welle politisch bedingter Haftentlassungen von Terroristen mißverstanden werden“. Unklar bleibt, woher Geis diese Befürchtung nimmt, es hinderte ihn gestern nicht, dieses mögliche Mißverständnis „verhängnisvoll“ zu nennen.

Im saarländischen Rundfunk erklärte van Essen, eine Freilassung von RAF-Gefangenen müsse möglich sein, wenn die Voraussetzungen des Strafgesetzbuches erfüllt seien. Ein Sonderrecht für die Inhaftierten dürfe es dabei weder im positiven noch negativen Sinn geben. Der „wichtigste Punkt“ sei, daß „nicht wieder mit schweren Straftaten“ zu rechnen ist. Einschränkend führte van Essen aus, auch wenn zahlreiche RAF-Verurteilte mittlerweile rund zwanzig Jahre Haft hinter sich hätten, sei eine Entlassungswelle dennoch nicht zu erwarten.

Der CSU-Politiker Geis bemängelte, Entscheidungen über vorzeitige Haftentlassungen von Strafgefangenen seien Sache der Justiz. Auch in Rößners Fall hätte er es für richtig gehalten, wenn unabhängige Gerichte und nicht der Bundespräsident darüber entschieden hätten. Die Strafprozeßordnung enthalte genügend Mittel für eine vorzeitige Haftentlassung, die genutzt werden könnten. Geis unterschlug dabei, daß es in den letzten Jahren, wie im Falle Rößners, vor allem die Gerichte waren, die – gestützt auf Stellungnahmen der Bundesanwaltschaft – in einer Art Sonderbehandlung die vorzeitige Haftentlassung langjährig einsitzender RAF-Gefangener verhinderten.

Von einer erneuten politischen Diskussion riet unterdessen Christoph Meertens vom Organisationsbüro der Strafverteidiger in Köln dringend ab. Im Falle Rößner sei offensichtlich, daß „der Mann völlig fertig ist“. Daß Rößner trotz seines schlechten Gesundheitszustands überhaupt so lange inhaftiert war, sei nur mit der „von Politikern immer wieder geschürten Sicherheitshysterie zu erklären“. Wolfgang Gast

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